D. Lenz
Wissenschaftler haben einen bisher unbekannten Mechanismus in unserer Haut entdeckt, mit dem sich Hautzellen nach einem elektrischen Feld ausrichten können. Dieser Mechanismus besteht aus zwei Teilen und lässt die Zellen je nach Richtung des elektrischen Feldes Wandern. Doch das Phänomen beantwortet nicht alle Fragen.
Davis (U.S.A.). Im Normalfall sind elektrische Felder für Menschen nicht sichtbar oder spürbar. Es gibt jedoch einige Tiere, bei denen sieht das ganz anders aus: Hummeln beispielsweise finden so den Weg zu Blüten und Haie oder auch Rochen nutzen elektrische Felder um ihre Beute im Wasser zu finden.
Der Mensch benötigt, sofern das elektrische Feld nicht stark genug ist unsere Haare aufzustellen, technische Hilfsmittel um besagte Felder zu erkennen. Doch einige Zellen in unserem Körper können auch schwache elektrische Felder wahrnehmen. So richtigen sich beispielsweise Hautzellen bei der Wundheilung nach solchen Feldern aus. Den Wissenschaftlern ist jedoch rätselhaft, wie unsere Haut die schwachen elektrischen Felder spürt.
Min Zhao von der University of California in Davis schreibt im Fachmagazin Nature Communications: „Wir glauben, dass es verschiedene Arten von Sensormechanismen gibt“. Aus diesem Grund haben Zhao und seine Kollegen auf molekularer Ebene nach solchen Elektro-Sensoren gesucht. Die Wissenschaftler konzentrieren sich bei ihrer Arbeit auf Hautzellen von Menschen und Fischen sowie auf die Boden-Amöbe Dictyostelium. In der Amöbe konnten die Wissenschaftler bereits einige Gene und die zugehörigen Proteine ausfindig machen, die den Einzeller in einem elektrischen Feld in eine bestimmte Richtung wandern lassen.
Die Forscher konnten in einer menschlichen Zelllinie gleich zwei wichtige Bestandteile für den Elektro-Sinn bei Menschen identifizieren: Das Protein mit dem Namen Kir4.2 sowie Polyamine im Inneren einer Zelle. Kir4.2 ist ein sogenannter Kaliumkanal, der eine für Kaliumionen durchlässige Pore durch die Zellmembran bildet. Solche Kanäle werden häufig genutzt um Signale innerhalb einer Zelle zu übertragen.
Bei Polyaminen handelt es sich um Moleküle, die im Zellinneren eine positive elektrische Ladung tragen. Befinden sich diese Zellen in einem elektrischen Feld, sammeln sich die Polyamine daher stärker an der Seite der Zelle, die zur negativen Elektrode zeigt. Auf diese Weise erhalten diese Zellen einen Sinn für die Ausrichtung in einem elektrischen Feld. Den Wissenschaftlern ist es bereits gelungen, den Nachweis für die Bindung der Polyamine an den Kaliumkanal Kir4.2 zu erbringen. So wird reguliert, ob der Kaliumkanal geöffnet oder geschlossen bleibt.
Die Wissenschaftler haben in einem Experiment das Gen für Kir4.2 deaktiviert. In der Folge fehlte den Zellen der Kaliumkanal und sie folgten den elektrischen Feldern kaum noch. Denselben Effekt erzielten die Wissenschaftler, indem sie die Polyamine aus dem Zellinneren entfernten. Dies machte die elektrischen Felder für die Zellen unsichtbar und sie reagierten überhaupt nicht mehr darauf.
Die Wissenschaftler betonen, dass der zweiteilige Mechanismus für die Wahrnehmung elektrischer Felder ein völlig neues Konzept ist. Allerdings fehlt den Wissenschaftlern noch die Antwort auf die Frage, wie die Zelle die Aktivität des Kaliumkanals in eine gerichtete Bewegung umsetzt.