Robert Klatt
Übergewicht und Adipositas erhöhen das Komplikationsrisiko nach einer Operation deutlich und beeinträchtigen oft die Heilung.
Anschutz (U.S.A.). Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben Übergewicht und Fettleibigkeit (Adipositas) in Europa bereits epidemische Ausmaße erreicht. Diese Zustände beeinflussen verschiedene Gesundheitsaspekte negativ und erhöhen das Risiko für viele Krankheiten, darunter auch psychischen Probleme wie Depressionen.
Forscher der University of Colorado Denver um Robert Meguid haben nun im Fachmagazin Surgery eine Studie publiziert, laut der es bei Personen, die als übergewichtig oder adipös eingestuft sind, öfter zu postoperativen Komplikationen wie Infektionen, Blutgerinnsel und Nierenversagen kommt.
„Wir müssen weiterhin anerkennen, dass Übergewicht und Adipositas medizinische Auswirkungen haben, die nicht auf Herzkrankheiten, Diabetes und Leberversagen beschränkt sind. Sie können auch die Genesung nach einer Operation erschweren, und diese Daten können die Diskussion auf breiterer öffentlicher Gesundheitsebene zur Adipositas informieren.“
Die Studie basiert auf Gesundheitsdaten des National Surgical Quality Improvement Program (NSQIP) von 5,5 Millionen Patienten, von denen 44,6 Prozent adipös waren. Bei der Analyse konzentrierten sich die Forscher auf neun chirurgische Fachgebiete, darunter Allgemein-, Thorax- und Gefäßchirurgie, und verglichen präoperative Merkmale und postoperative Ergebnisse innerhalb von Körper-Masse-Index (BMI)-Klassen.
Dabei stellten sie fest, dass Menschen mit Übergewicht oder Adipositas im Vergleich zu Patienten mit normalem Gewicht höhere Risiken für die Entwicklung von Infektionen, Nierenversagen und Blutgerinnseln in den Venen nach einer Operation haben. Patienten in mit einem BMI von 40 (Adipositas-Klasse III) und mehr Adipositas-Klasse III zudem ein erhöhtes Risiko für ungeplante Krankenhauseinweisungen.
„Als wir mit der Forschung begannen, dachten wir, dass ein erhöhtes Risiko der Fall sein würde. Wir dachten allerdings, dass wir ein erhöhtes Risiko für andere postoperative Komplikationen über Infektionen, Nierenversagen und Thromboembolien hinaus sowohl bei Übergewicht als auch in jeder Klasse von Adipositas sehen könnten, aber das war nicht das, was wir sahen.“
Laut Meguid geht das erhöhte Risiko teilweise darauf zurück, dass das zusätzliche Fettgewebe die Dauer von Operationen verlängert und diese komplizierter macht. Außerdem können Übergewicht und Adipositas auch die unmittelbare Genesung der Patienten nach der Operation stören.
„Es kann für Patienten mit Übergewicht oder Adipositas schwieriger sein, sich nach der Operation zu bewegen. Insbesondere nach einer Lungenoperation ist das Gehen nach der Operation ein wichtiger Teil der Genesung. Es kann die Stimmung des Patienten verbessern, das Risiko einer Lungenentzündung senken, den Komfort verbessern und das Risiko der Bildung von Blutgerinnseln senken, es kann helfen, die Därme aufzuwecken. Es ist so wichtig, dass Patienten nach der Operation in der Lage sind zu gehen, aber es kann besonders herausfordernd sein, wenn Adipositas ein Faktor ist.“
Da Übergewicht und Adipositas so komplexe Themen sind und für die Menschen, die damit leben, äußerst persönlich und sensibel sind, besteht für Kliniker und Forscher die Herausforderung darin, Gespräche auf eine Art und Weise zu initiieren, die direkt ist, ohne Vorwürfe zu machen.
„Wir müssen offen über den Körper sprechen, und wir müssen ehrlich zu unseren Patienten sein. Da Übergewicht und Adipositas in unserer Gesellschaft so weitverbreitet sind, handelt es sich nicht um ein Problem, das von einem Chirurgen oder einer Institution gelöst wird. Es handelt sich um ein öffentliches Gesundheitsproblem, das wir auf allen Ebenen angehen müssen.“
Surgery, doi: 10.1016/j.surg.2023.02.001
