mRNA-Schäden

Sonnenbrand hat anderen Auslöser als bisher angenommen

 Robert Klatt

Frau mit leichtem Sonnenbrand )kcotS ebodAoiduts_anorev(Foto: © 

Die Wissenschaft ging bisher davon aus, dass Sonnenbrand Schäden an der Hautzell-DNA entsteht. Nun wurde entdeckt, dass ein anderer Auslöser für den Sonnenbrand verantwortlich ist.

Kopenhagen (Dänemark). Wenn die Haut des Menschen lange UVB-Strahlung ausgesetzt ist, entsteht Sonnenbrand. Die Wissenschaft hat bisher angenommen, dass Sonnenbrand der DNA der Hautzellen schadet und dadurch Zellsterben und Entzündungen auslöst. Forscher der Universität Kopenhagen haben nun eine Studie publiziert, laut der die Hauptursache von Sonnenbrand nicht in den DNA-Schäden liegt, sondern in der Schädigung der RNA. Ribonukleinsäure (RNA) ist ein Molekül, das der Desoxyribonukleinsäure (DNA) ähnelt, aber im Körper andere Funktionen übernimmt und eine kürzere Lebensdauer hat.

Wie die Forscher erklären, ist RNA, besonders die messenger-RNA (mRNA), ein Vermittler zwischen DNA und Proteinen. Dazu überträgt sie genetische Informationen zur Proteinproduktion zu den Ribosomen, also den Proteinfabriken der Zelle.

„DNA-Schäden sind deshalb so gravierend, weil die Mutationen an nachfolgende Zellgenerationen weitergegeben werden. RNA-Schäden hingegen sind vorübergehend und galten daher bislang als weniger relevant – solange die DNA intakt blieb. Doch unsere Studie zeigt, dass RNA-Schäden die ersten sind, die auf UV-Strahlung reagieren, und dadurch Entzündungen und Zellsterben auslösen.“

Überwachungssystem erkennt RNA-Schäden

Laut der Publikation im Fachmagazin Molecular Cell haben die Forscher für ihre Studie die Haut von Mäusen und menschliche Hautzellen mit UVB-Strahlung bestrahlt und anschließend untersucht, ob und wie die Strahlung die mRNA und die Ribosomen beeinflusst.

Die Analyse zeigt, dass die Hautzellen nach einer UV-Bestrahlung als erstes auf RNA-Schäden reagieren. Die RNA-Schäden führen zu einer Störung der Proteinproduktion, die wiederum eine Stressreaktion der Ribosomen auslöst. Daraufhin setzen die Proteinfabriken Botenstoffe frei, darunter das Protein ZAK-alpha.

ZAK-alpha verursacht zelluläre Reaktionskaskade

Durch das Protein ZAK-alpha kommt es zu einer zellulären Reaktionskaskade, die Entzündung und den Zelltod der Hautzellen auslöst, also die Schäden, die vom Menschen als Sonnenbrand wahrgenommen werden.

„Die Ribosomen und ZAK-alpha sind demnach die ersten Stress-Sensoren, die die bekannten akuten Hautreaktionen auf UVB-Strahlung kickstarten.“

In einem weiteren Experiment haben die Wissenschaftler zudem belegt, dass die Stressreaktion der Ribosomen und der daraus resultierende Sonnenbrand auch ohne UVB-Strahlung ausgelöst werden können, wenn man die RNA-Schäden durch den chemischen Wirkstoff Anisomycin verursacht. Bei Mäusen mit einem deaktivierten ZAK-alpha-Gen kommt es hingegen weder bei einer starken UV-Bestrahlung noch bei einer Behandlung mit Anisomycin zu Sonnenbrand.

Diese Ergebnisse zeigen laut den Studienautoren, dass die gängige Lehrbuchmeinung zur Entstehung von Sonnenbrand falsch ist.

„Die Tatsache, dass nicht die DNA die anfängliche Hautreaktion auf UV-Strahlung kontrolliert, sondern etwas anderes, ist ein echter Paradigmenwechsel. Die Zellen reagieren zuerst auf die RNA-Schäden, stellen fest, dass damit etwas nicht stimmt, und das setzt die Reaktion in Gang.“

Zudem erklären sie, dass die neuen Ergebnisse die weitere Forschung zu den Effekten von Sonnenlicht auf die Haut verändern werden.

„Bisher assoziierten die meisten Menschen Sonnenbrand mit DNA-Schäden. Aber jetzt müssen wir die Lehrbücher umschreiben – und das könnte auch die weitere Forschung zu den Auswirkungen der UV-Strahlung auf die Haut beeinflussen.“

Molecular Cell, doi: 10.1016/j.molcel.2024.10.044

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