Robert Klatt
Rotes Fleisch erhöht das Risiko für entzündliche Darmerkrankungen (IBD) wie Colitis ulcerosa deutlich, weil es das Darmmikrobiom verändert und Immunreaktionen erhöht.
Peking (China). Rotes Fleisch steht aus ökologischen Gründen in der Kritik, unter anderem, weil die Produktion bis zu 40-mal CO₂-intensiver als andere Proteinquellen ist. Außerdem ist das Lebensmittel aus gesundheitlichen Gründen bedenklich, etwa weil es das Wachstum von Krebszellen beschleunigt. Forscher der Capital Medical University (CCMU) haben nun eine Studie publiziert, laut der der Konsum von rotem Fleisch das Risiko für entzündliche Darmerkrankungen (IBD) erhöht, weil er die Zusammensetzung der Darmflora sowie die Aktivität des Immunsystems verändert.
„Diese Studie trägt zur Verbesserung der Ernährungsstrategien bei der Behandlung entzündlicher Darmerkrankungen bei und verdeutlicht den engen Zusammenhang zwischen Ernährung, Darmflora und Immunabwehr.“
Laut der Publikation im FachmagazinMolecular Nutrition & Food Research haben die Wissenschaftler untersucht, welchen Einfluss verschiedene Fleischsorten auf das Darmmikrobiom und das Risiko, IVB zu entwickeln, haben. Dazu haben sie Mäuse über zwei Wochen entweder mit Schweine-, Rind- oder Lammfleisch gefüttert und anschließend mit Dextran-Natriumsulfat (DSS) eine Colitis ausgelöst. Bei den Tieren waren die Entzündungen im Dickdarm im Vergleich zur Kontrollgruppe mit einer normalen Ernährung deutlich stärker.
Die Analyse zeigt, dass die stärkeren Reaktionen des Immunsystems durch ein Ungleichgewicht in der Darmflora (Dysbiose) ausgelöst wurden. Die fleischhaltige Ernährung hat bei den Tieren zu einem signifikanten Rückgang nützlicher Bakterienarten und einer Zunahme potenziell schädlicher Arten geführt.
Die Bestände von Akkermansia, Faecalibacterium, Streptococcus und Lactococcus gingen zurück. Akkermansia stabilisiert die schützende Darmschleimschicht und wirkt entzündungshemmend, Faecalibacterium produziert das entzündungshemmende Butyrat als Energiequelle für Darmzellen, während Streptococcus und Lactococcus für eine gesunde Verdauung und ein starkes Immunsystem wichtig sind. Parallel dazu vermehrten sich problematische Bakterien wie Clostridium und Mucispirillum. Einige Clostridien setzen Toxine frei und fördern Entzündungen, während Mucispirillum vor allem in der Darmschleimschicht von erkrankten oder entzündeten Milieus auftritt.
Die Fleischdiät hat zudem die Zahl der Immunzellen, vor allem Neutrophile und Makrophagen, im Dickdarm deutlich erhöht. Der starke Anstieg ist ein Indiz dafür, dass Immunzellen in das Gewebe eindringen, um dort auf Reizungen zu reagieren. Weil die Zellen Enzyme und reaktive Moleküle freisetzen, kann eine zu hohe Anzahl jedoch dazu führen, dass auch gesundes Gewebe angegriffen wird.
Gewebeproben zeigten erhöhte Werte entzündungsfördernder Zytokine. Diese sind zwar wichtig für die Infektabwehr, ihre Überaktivität versetzt das Immunsystem jedoch in einen Dauerangriff, was chronische Gewebeschäden nach sich zieht. Zudem wiesen die Proben stärkere Schäden im Dickdarm, eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber DSS sowie Schwellungen, Gewebeschäden und Schmerzreaktionen auf; die Darmschleimhaut brach deutlich leichter zusammen.
Die Studie zeigt somit, dass die Fleischdiät den Darm zugleich anfälliger und entzündungsbereiter macht und damit das Risiko für IBD wie Colitis ulcerosa deutlich erhöht.
„Diese Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit, die Ernährung zu optimieren insbesondere den Konsum von rotem Fleisch zu reduzieren, um entzündlichen Darmerkrankungen vorzubeugen.“
Molecular Nutrition & Food Research, doi: 10.1002/mnfr.70203