Umwandlung in Essigsäure

Proteingel mit Nanoteilchen baut Alkohol im Körper schnell ab

Robert Klatt

Proteingel reduziert Wirkung von Alkohol )kcotS ebodAinilegnA edivaD(Foto: © 

Ein neues Proteingel kann Alkohol im Magen-Darm-Trakt in Essigsäure umwandeln. Die gesundheitsschädigende und berauschende Wirkung der Droge wird dadurch unterbunden, weil diese nicht in den Blutkreislauf gelangt.

Zürich (Schweiz). Der Mensch nimmt Alkohol größtenteils über den Darm und die Magenschleimhaut in den Blutkreislauf ein. Im Körper reduziert die Droge die Konzentrations-​ und Reaktionsfähigkeit und schadet bei regelmäßigem Konsum der Gesundheit. Forscher der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH Zürich) um Raffaele Mezzenga haben nun ein Proteingel entwickelt, das den Alkohol bereits im Magen-​Darm-Trakt abbaut. Bei Experimenten mit Mäusen hat das Gel das Zellgift in Essigsäure umgewandelt, bevor es in den Blutkreislauf gelangen konnte. Die gesundheitsschädigende und berauschende Wirkung des Alkohols wurde dadurch verhindert.

„Das Gel verlagert den Alkoholabbau von der Leber in den Verdauungstrakt. Im Gegensatz zum Alkoholstoffwechsel in der Leber entsteht dabei aber nicht das schädliche Zwischenprodukt Acetaldehyd.“

Gel aus Molkenproteine

Laut der Publikation im Fachmagazin Nature Nanotechnology besteht das Proteingel hauptsächlich aus Molkenprotein, das mehrere Stunden gekocht wurde, bis sich lange Fasern gebildet haben. In Kombination mit Salz und Wasser bilden diese Fasern das Gel. Um die Alkoholabbauwirkung des Gels zu erhöhen, haben die Forscher mit mehreren Inhaltsstoffen kombiniert. Laut Jiaqi Su dient Eisen, das über die gesamte Oberfläche der Proteinfasern gleichmäßig verteilt ist, als Katalysator.

„Wir tauchten die Fasern quasi in ein Eisenbad, sodass sie wirksam mit dem Alkohol reagieren und ihn in Essigsäure verwandeln können.“

Damit die chemische Reaktion im Magen-Darm-Trakt beginnt, ist zudem Wasserstoffperoxid nötig, das direkt im Körper durch eine Reaktion zwischen Glucose und Goldnanopartikeln entsteht. Die Wahl für Gold als Katalysator für Wasserstoffperoxid haben die Forscher betroffen, weil das Edelmetall nicht verdaut wird und dadurch im Körper eine lange Wirksamkeit hat. Die Bestandteile Eisen, Glukose und Gold sorgen somit gemeinsam für eine mehrstufige enzymatische Reaktion, die den Alkohol in harmlose Essigsäure umwandelt.

Tierversuche mit Mäusen

In Versuchen mit Mäusen, die entweder einmal Alkohol oder an zehn Tagen regelmäßig Alkohol erhielten, wurde das Gel erfolgreich erprobt. Eine halbe Stunde nach dem Alkoholkonsum hat das Gel den Alkoholspiegel der Tiere stark reduziert (- 40 %). Nach fünf Stunden war der Blutalkoholspiegel deutlich geringer als bei den Tieren aus der Kontrollgruppe, die das Gel nicht erhalten habe (- 56 %). Außerdem nahmen die Tiere durch das Gel weniger Acetaldehyd, das einen Großteil der Gesundheitsschäden des Alkoholkonsums auslöst, auf und ihre Blutwerte waren deutlich besser.

Außerdem hatte das Gel bei den Mäusen, die regelmäßig Alkohol konsumieren, noch weitere positive Effekte, darunter weniger Leberschäden, einen besseren Leberstoffwechsel und einen geringeren Gewichtsverlust. Auch bei anderen Organen, darunter die Milz und der Darm, hat das Gel die alkoholbedingten Schäden deutlich reduziert.

Einnahme vor dem Alkoholkonsum

Die Experimente zeigen laut den Wissenschaftlern, dass Menschen das Gel nutzen können, um beim Konsum von Alkohol ihren Blutalkoholpegel zu regulieren. Hierbei merken sie an, dass das Gel nicht die Symptome eines zu hohen Alkoholkonsums mildern kann, sondern lediglich verhindert, dass der Körper Alkohol aufnimmt. Es kann also nicht helfen, wenn sich im Blutkreislauf bereits zu viel Alkohol befindet, etwa bei einer Alkoholvergiftung.

„Es ist gesünder gar keinen Alkohol zu trinken. Das Gel könnte aber vor allem für Menschen interessant sein, die nicht ganz auf den Genuss verzichten möchten, aber ihren Körper nicht belasten wollen und nicht an der Wirkung des Alkohols interessiert sind.“

Inzwischen haben die Forscher für ihr Gel ein Patent beantragt. Sollten auch klinische Studien mit Menschen erfolgreich verlaufen, könnte das Gel auf den Markt kommen.

Nature Nanotechnology, doi: 10.1038/s41565-​024-01657-7

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