Zunahme von Heuschnupfen & Co.

Pollen werden in Deutschland zu einem immer größeren Problem

Robert Klatt

Frau leidet wegen Pollen an Heuschnupfen )kcotS ebodAed.otof-fmb(Foto: © 

In Deutschland nimmt die Belastung durch Pollen wegen des Klimawandels stetig zu. Luftschadstoffe führen zudem dazu, dass die Pollen deutlich aggressiver sind.

Berlin (Deutschland). Laut dem Robert Koch-Institut (RKI) leiden in Deutschland etwa 12,5 Millionen Menschen an Heuschnupfen. Die allergisch bedingte Entzündung der Nasenschleimhaut (Rhinitis) beginnt meistens bereits im frühen Kindesalter und führt zu einer starken Beeinträchtigung der Lebensqualität, die unter anderem das Sozialleben, die schulische Leistungsfähigkeit und die Arbeitsproduktivität beeinflusst. Viele Personen mit Heuschnupfen müssen sich zudem regelmäßig über die aktuelle Pollenflugvorhersage in Deutschland informieren und Regionen mit einer hohen Pollenbelastung vermeiden.

Laut einer Studie des European Centre for Allergy Research Foundation (ECARF) und der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst (PID) ist es wahrscheinlich, dass die Pollenbelastung in den kommenden Jahren weiterzunimmt. Während einer gemeinsamen Pressekonferenz haben die Wissenschaftler erklärt, dass in Deutschland vor allem Haselnusspollen seit 2018 vermehrt auftreten. Zudem haben Birkenpollen, die neben Gräserpollen in Deutschland hauptverantwortlich für Heuschnupfen und allergisches Asthma sind, seit 2022 stark zugenommen.

Mehr allergische Erkrankungen in Großstädten

Messdaten des PID belegen zudem, dass Gräserpollen kürzlich einen neuen Rekordwert erreicht haben und dass in Großstädten immer mehr Menschen an allergischen Erkrankungen wie Heuschnupfen, die durch Pollen verursacht werden, erkranken. Laut den Forschern nehmen die Allergien nicht nur aufgrund der höheren Pollenbelastung zu, sondern auch, weil Luftschadstoffe wie Stickoxide und Feinstaub deren chemische Struktur verändern und dadurch die Rate von Sensibilisierungen erhöhen.

Luftverschmutzung macht Pollen aggressiver

Dies bestätigt auch eine Studie von Forschern der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Krakau um Monika Ziemianin, die untersucht hat, ob und wie sich eine unterschiedliche Luftverschmutzung auf die chemische Zusammensetzung von Birkenpollen auswirkt. Laut der Publikation im Fachmagazin PLoS One haben die Wissenschaftler dazu mindestens drei Hängebirken an sieben unterschiedlichen Standorten in Polen, darunter Großstädte, Kleinstädte und Wälder, untersucht.

Die Pigmentzusammensetzung und die Fotosyntheseleistung der Bäume waren trotz der unterschiedlichen Luftqualität identisch. Eine Analyse der Pollen mit der Raman-Spektroskopie zeigt jedoch, dass diese deutlich Abweichungen in der Faltungsstruktur des Proteins Bet v1, dem Hauptallergen, besitzen. Bäume aus Gegenden mit einer hohen Luftverschmutzung produzieren demnach Pollen mit einer höheren Bet-v1-Konzentration und lösen somit leichter Heuschnupfen und ähnliche Krankheiten aus.

Klimawandel beeinflusst Pollenflug

Eine Studie der University of Michigan, Ann Arbor (UMich) zeigt zudem, dass der Klimawandel den globalen Pollenflug erhöht. Laut der Publikation im Fachmagazin Nature ist der Pollenflug in den vergangenen 30 Jahren bereits um etwa 20 Prozent gestiegen. Die Allergiesaison, in der es zu Heuschnupfen kommen kann, hat sich dadurch je nach Region bereits um etwa drei Wochen verlängert.

Die Autoren prognostizieren zudem, dass der Pollenflug bis 2100 um etwa 200 Prozent zunehmen wird. Menschen mit Heuschnupfen und anderen Atemwegserkrankungen werden also deutlich häufiger Symptome bekommen und müssen öfter Medikamente einnehmen.

Behandlung von Heuschnupfen und Co.

Neben der zunehmenden Pollenbelastung in Deutschland ist laut den Forscher des ECARF auch die medizinische Behandlung der Patienten problematisch. Bereits jetzt verursachen adäquate Therapie und die Prävention von Allergien in der Europäischen Union (EU) Kosten von etwa 100 Milliarden Euro jährlich, obwohl nur etwa jeder zehnte Patient die Behandlungsmöglichkeiten der modernen Allergiemedizin vollnutzt.

Laut Torsten Zuberbier Stiftungsvorsitzender der ECARF und Direktor des Instituts für Allergieforschung an der Berliner Charité liegt dies unter anderem daran, dass Allergien noch immer oft verharmlost werden, obwohl diese schwere Symptome wie Juckreiz, Atemnot und Augenrötungen auslösen können. Es ist laut Zuberbier deshalb entscheidend, dass die betroffenen Menschen die richtige Diagnose und Behandlung erhalten.

„Allergien sind aber inzwischen sehr gut zu behandeln, in den meisten Fällen kann mit modernen Medikamenten Beschwerdefreiheit erreicht werden."

Die Wissenschaftler des PID empfehlen zudem eine allergikerfreundliche Bepflanzung in Städten, bei der auf Pflanzen und Bäume mit einem Allergiepotenzial verzichtet wird. Allergiker würden damit seltener mit Pollen in Kontakt kommen und bräuchten weniger Medikamente.

PLoS One, doi: 10.1371/journal.pone.0279826

Nature, doi: 10.1038/s41467-022-28764-0

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