Ultradistanzathleten

Natürliche Stoffwechselgrenze setzt Menschen Leistungslimits

Robert Klatt

Das langfristige Leistungslimit liegt sowohl bei Spitzensportlern als auch bei Schwangeren beim 2,5-Fachen des normalen Grundumsatzes. )moc.yabaxipsotohP-eerF(Foto: © 

Das langfristige Leistungslimit liegt sowohl bei Spitzensportlern als auch bei Schwangeren beim 2,5-Fachen des normalen Grundumsatzes. Verantwortlich dafür ist sehr wahrscheinlich der Darm, der nur begrenze Nahrung effektiv in Energie umwandeln kann.

New York (U.S.A.). Das Race Across America (RAAM) gehört mit einer Strecke von etwa 4.800 Kilometern und 35.000 Höhenmetern zu den anspruchsvollsten Radrennen der Welt. Der bisherige Streckenrekord von sieben Tagen und 16 Stunden beziehungsweise 26 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit wurde 2014 vom Österreicher Christoph Strasser aufgestellt. 2016 hat der US-Amerikaner Pete Kostelnick die gesamte Strecke zu Fuß in 46 Tagen zurückgelegt, was rund 116 Kilometern pro Tag entspricht.

Wissenschaftler haben sich diese enormen Ausdauerleistung zum Anlass genommen, um zu untersuchen, welche Faktoren die Grenzen der Leistungsfähigkeit setzten und wo die absoluten Grenzen der Ausdauerleistung bei Spitzensportlern liegen. Das Team rund um Caitlin Thurber hat dazu sechs Sportler begleitet, die die 4.800 Kilometer lange Strecke von Huntington Beach (Kalifornien) nach Washington D.C. zu Fuß bewältigt haben. Außerdem wurden weitere Daten hinzugezogen, die bei anderen Ausdauerwettbewerben wie der Tour de France erhoben wurden.

Grundstoffwechselrate 2,5 Mal höher

Laut der im Fachmagazin Science Advances veröffentlichten Studie konnte bei allen Ultradistanzathleten ein identisches Muster erkannt werden. Während der ersten Etappen des Wettbewerbs verbrauchten die Sportler ein Vielfaches ihres normalen Grundumsatzes. Anschließend reduzierte sich der Energieverbrauch jeden Tag, bis eine konstante Obergrenze erreicht wurde, die bei allen Sportlern beim maximal 2,5-Fachen des normalen Grundumsatzes lag. Wie die Wissenschaftler berichten „konnte bei keinem der Sportler langfristig ein Energieverbrauch festgestellt werden, der diese Grenze durchbricht.“

Stoffwechsel wird heruntergeregelt

Die Autoren der Studie schlussfolgern aus ihren Beobachtungen, dass der Körper den Stoffwechsel automatisch reguliert, um so ein Niveau zu erreichen, das langfristig gehalten werden kann. Herman Pontzer vergleicht diesen Vorgang damit, dass „Menschen zwar 100 Meter sprinten, aber mehrere Kilometer joggen können.“ Der Stoffwechsel kann also kurzfristig enorme Energiemengen bereitstellen, ist langfristig jedoch auf das maximal 2,5-Fache des Grundumsatzes beschränkt.

Dieselbe Grenze konnte auch bei Frauen während der Schwangerschaft beobachtet werden. Laut den Ergebnissen der Studie lag der Energieverbrauch der Sportler nahezu auf dem gleichen Niveau wie während der Schwangerschaft. Wie Pontzer erklärt „laufen im Grunde Schwangerschaften und extreme Ausdauerleistungen nach den gleichen Stoffwechselregeln ab“. Als Ursache dafür sehen die Wissenschaftler den Verdauungsprozess, da der Darm täglich nur eine begrenzte Menge Nahrung effektiv verarbeiten kann und somit die maximal bereitgestellte Energiemenge begrenzt ist. 

Würde der Energieumsatz langfristig höher liegen als das 2,5-Fache des Grundumsatzes, könnte der Darm die Enerigemenge nicht mehr bereitstellen. Die Sportler würden dann, ähnlich wie Zugvögel das eigene Körpergewebe zur Energieversorung nutzen müssen.

Weitere Studien sollen nun zeigen, ob Spitzensportler unter bestimmten Bedingungen die Grenze überschreiten können. Außerdem soll erforscht werden, welche Faktoren genau ausschlaggebend für das Leistungslimit sind.

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