Bakterium Yersinia pestis

mRNA-Impfstoff bietet 100-prozentigen Schutz vor tödlicher Lungenpest

 Robert Klatt

mRNA-Impfstoff gegen Lungenpest )kcotS ebodA77nonrelA(Foto: © 

Die Lungenpest löst noch immer Todesfälle beim Menschen aus. Nun wurde der erste Impfstoff gegen das Bakterium Yersinia pestis entwickelt. Dazu wurde die mRNA-Technologie so abgewandelt, dass sie nicht nur vor Viren, sondern auch vor Bakterien schützt. Die Impfung hat in Tierversuchen einen 100-prozentigen Schutz vor drei aggressiven Varianten der Lungenpest erreicht.

Tel Aviv (Israel). Bakterium Yersinia pestis löst noch heute bei Menschen je nach Übertragungsweg die Beulen- oder Lungenpest aus. Die Lungenpest gilt in der Medizin als besonders gefährlich und endet unbehandelt nahezu immer tödlich. Die Weltgesundheitsgesundheitsorganisation (WHO) hat das Bakterium deshalb als eine der zwölf gefährlichsten Biowaffen eingestuft.

„Das Pestbakterium ist hochgradig ansteckend und extrem tödlich, wodurch es zu einer ernsthaften Gefahr werden kann. Zudem gilt dieser Erreger als potenzieller Kandidat für Bioterrorismus.“

Die Lungenpest kann prinzipiell mit Antibiotika behandelt werden. Sie tritt aber oft in armen Regionen auf, in denen keine ausreichenden Medikamente vorhanden sind, etwa auf Madagaskar, wo 2017 209 von 2.400 infizierten Menschen an der Krankheit gestorben sind. Impfstoffe gegen die Pest gab es bisher noch nicht.

mRNA-Impfstoff gegen Lungenpest

Forscher der Tel Aviv University (TAU) haben nun den ersten Impfstoff gegen die Lungenpest entwickelt. Die Basis des mRNA-Impfstoffs bildet eine vor zwei Jahren entwickelte Methode, mit der Zellen des Menschen dazu gebracht werden können, bakterielle Proteine herzustellen.

Laut der Publikation im Fachmagazin Advanced Science ist es deutlich komplexer, menschliche Zellen zur Produktion von bakteriellen Fremdproteinen zu bringen als zur Produktion von viralen Fremdproteinen. Dies liegt daran, dass Viren sich so an den Menschen angepasst haben, dass unsere Zellen ihre Proteine ohnehin produzieren können. Dazu nutzen Viren spezielle Enzyme, die auch für mRNA-Impfstoffe verwendet werden können.

Bakterien stellen ihre Proteine hingegen selbst her und nutzen dafür normalerweise keine menschlichen Zellen. Die Forscher der TAU mussten deshalb genetisch-biochemische Signalwege finden, mit denen sie mRNA in menschliche Zellen einschleusen können, damit diese Bakterienproteine produzieren, um das Immunsystem zu aktivieren.

mRNA-Bauanleitungen für Proteine des Bakteriums Yersinia pestis

Der neue mRNA-Impfstoff basiert auf den mRNA-Bauanleitungen von zwei Proteinen des Bakteriums Yersinia pestis.

„Das F1-Protein bildet die Kapsel des Bakteriums und schirmt es vor der Phagozytose durch die Wirtzellen ab. Das LcrV-Protein unterdrückt die inflammatorische Reaktion des Wirts.“

Ähnlich wie bei den mRNA-basierten Impfstoffen gegen Covid-19 werden die genetischen Baupläne, die in der Boten-RNA enthalten sind, in eine winzige Hülle aus Fettmolekülen (Lipid-Nanopartikel) eingebettet. Nach dem Eindringen in die Zellen wird die RNA ausgelesen, woraufhin die Zellen die Proteine des Bakteriums Yersinia pestis produzieren. Das Immunsystem erkennt die fremden Eiweiße und speichert ihre Merkmale, um bei zukünftigen Infektionen schneller entsprechende Abwehrreaktion einleiten zu können.

„Dieses Lipid-Nanopartikel ähnelt in seiner Zusammensetzung den menschlichen Zellmembranen, dadurch kann es mit diesen verschmelzen.“

100-prozentige Schutzwirkung in Tierversuchen

In Versuchen mit Mäusen, die im Abstand von 14 Tagen zwei- oder dreimal mit dem Impfstoff geimpft wurden, hat das mRNA-Vakzin bei einer normalerweise tödlichen Dosis des Lungenpestbakteriums eine 100-prozentige Schutzwirkung erzielt.

„Die Impfung verlieh den Tieren einen 100-prozentigen Schutz gegen die Lungenpest.“

Bei weiteren Experimenten mit zwei anderen hochaggressiven Stämmen von Yersinia pestis war die Schutzwirkung ebenfalls auf einem hohen Niveau. Laut den Forschern zeigen diese Ergebnisse, dass der neue Impfstoff in Zukunft helfen kann, weitere Pestausbrüche auf Madagaskar zu unterbinden. Zudem ist es denkbar, den Impfstoff in anderen Szenarien zu verwenden, etwa zum Schutz vor Angriffen mit Biowaffen.

„Angesichts der Tatsache, dass Yersinia pestis von der WHO als potenzielle Biowaffe der Stufe-1 eingestuft wird, reicht diese mRNA-Plattform noch über den konventionellen Infektionsschutz hinaus.“

Advanced Science, doi: 10.1002/advs.202501286

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