Necator americanus

„Impfung“ mit lebenden Würmern reduziert Diabetesrisiko

Robert Klatt

Hakenwurm (Necator americanus) im Darm des Menschen )kcotS ebodAeborciM_rD(Foto: © 

Eine „Impfung“ mit lebenden Würmern beeinflusst den Stoffwechsel positiv und reduziert dadurch das Diabetesrisiko. Zudem berichteten Probanden nach der Infektion mit den Parasitären häufiger von positiver Stimmung.

Cairns (Australien). Laut früheren Studien kommt es bei Menschen aus Regionen, in denen Infektionen mit Hakenwürmern häufig auftreten, seltener zu Stoffwechselkrankheiten wie Diabetes. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass Entwurmungen Insulinresistenzen fördern. Forscher der James Cook University (JCU) haben deshalb die These aufgestellt, dass die Ausrottungen von parasitären Würmern in Industrieländern für die Zunahme von Diabetesfällen der dort lebenden Bevölkerung verantwortlich sein könnte.

Um ihre These zu überprüfen, führten die Forscher um Doris Pierce laut ihrer Publikation im Fachmagazin Nature Communications erstmals eine Studie durch, bei der die Probanden mit lebenden Larven des Hakenwurms Necator americanus „geimpft“ wurden. Normalerweise ist eine Infektion mit dem Wurm für Menschen sehr unangenehm. Zu den Symptomen gehören unter anderem Durchfall und Bauchschmerzen. Nach einer längeren Infektion kann es zudem zu Eisenmangel und zu starkem Gewichtsverlust bin hin zur Magersucht kommen. Die Kontrollgruppe erhielt statt der Larven lediglich ein Placebo.

Probanden mit Vorerkrankungen

Die Probanden der Studie hatten bereits zuvor ein erhöhtes Risiko für Diabetes, das sich etwa in Insulinresistenz oder einer Herz-Kreislauf-Erkrankung äußerte. Während des zweijährigen Studienzeitraums wurde die körperliche und geistige Gesundheit der Frauen und Männer regelmäßig untersucht. Zudem dokumentierten die Forscher die Insulinresistenz der Probanden.

Zu Beginn der Studie nahmen 40 Erwachsene teil, von denen 24 bis zum Schluss dabeiblieben. Aus diversen Gründen schieden 16 Teilnehmer aus, darunter auch wegen leichter bis moderater gastrointestinaler Beschwerden infolge der Hakenwurminfektion. Manche der Personen, die eine Wurmexposition erhalten hatten, klagten über Symptome wie Gasbildung, Übelkeitsgefühle, Erbrechen, Obstipation oder Diarrhö.

Insulinresistenzniveau durch Hakenwürmer normalisiert

Nach einem Jahr beobachteten die Wissenschaftler deutliche Verbesserungen im Metabolismus, insbesondere bei den Probanden, die mit 20 Wurmlarven behandelt worden waren. Bei diesen normalisierten sich die Werte für die Insulinresistenz und fielen wieder in einen als gesund erachteten Bereich. Bei den Teilnehmern, die 40 Larven erhalten hatten, verringerten sich die Insulinresistenzwerte nur leicht. In der Kontrollgruppe, die ein Placebo erhielt, verschlechterten sich diese Werte sogar.

Zusätzlich zu den Verbesserungen im Stoffwechsel zeigte sich auch eine positive Wirkung auf das Gemüt der Teilnehmer. Personen, die mit Hakenwürmern behandelt worden waren, berichteten häufiger von einer guten Stimmungslage im Vergleich zu den Probanden in der Placebo-Gruppe.

„Das war auch eine interessante Beobachtung, wenn man bedenkt, dass ein Großteil der Untersuchung während der ersten Wellen der Covid-19-Pandemie stattfand. Ich denke, dass es an sich schon bemerkenswert war, eine Verbesserung der Stimmung zu sehen.“

Probanden behalten ihre Würmer

Nach einer Laufzeit von zwei Jahren standen die Teilnehmenden vor einer Entscheidung: Entweder sie nutzen das vorgeschlagene Mittel zur Wurmbekämpfung oder sie verlängerten ihre Studienteilnahme um ein weiteres Jahr. Bis auf eine einzelne infizierte Person wählten alle, ihre Parasiten zu behalten. Der ersehnte Gewichtsverlust, auf den viele der Studienteilnehmenden hofften, trat allerdings nicht ein.

Laut den Autoren belegen die Studienergebnisse, dass Hakenwürmer die Stoffwechselgesundheit bei Menschen positiv beeinflussen können. In zukünftigen Studien wollen die Wissenschaftler zu untersuchen, um welche Faktoren es sich handelt. Es ist möglich, dass diese Erkenntnisse als Basis für vorbeugende Maßnahmen bei Personen mit erhöhtem Risiko für Typ-2-Diabetes verwendet werden könnten.

„Stoffwechselkrankheiten sind durch entzündliche Immunreaktionen gekennzeichnet und frühere Studien haben gezeigt, dass Hakenwürmer Proteine in ihren Wirt abgeben, um das Immunsystem zu kontrollieren und ihr Überleben zu sichern.“

Nature Communications, doi: 10.1038/s41467-023-40263-4

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