Stärkere Emotionen

Gehirne von politisch extremen Menschen „ticken“ gleich

 Robert Klatt

Gehirnscan einer politisch extremen Person )kcotS ebodAretsamsserp(Foto: © 

Die Hufeisentheorie besagt, dass die Denkmuster von radikalen Linken und radikalen Rechten sich stärker ähneln als die Position der politischen Mitte. Gehirnscans von politisch extremen Personen liefern nun Hinweise darauf, dass diese Theorie stimmen könnte.

Providence (U.S.A.). Menschen mit extremen politischen Ansichten, die sich an entgegengesetzten Enden des ideologischen Spektrums befinden, scheinen deutlich andere Denkmuster zu haben. Forscher der Brown University haben nun aber eine Studie publiziert, laut der das Gehirn dieser Personen politische Informationen auf nahezu identische Art verarbeitet, obwohl sich beispielsweise links- und rechtsextreme Personen ansonsten stark voneinander unterscheiden.

Laut der Publikation im Fachmagazin Journal of Personality and Social Psychology liefert die Studie somit psychologische Hinweise darauf, dass die sogenannte „Hufeisentheorie“, nach der sich die Überzeugungen und Denkmuster von radikalen Linken und radikalen Rechten stärker ähneln als die Position der politischen Mitte, korrekt sein könnte.

" Unsere Studie zeigte, dass die Gehirne von stark konservativen und stark liberalen Personen dieselben politisch aufgeladenen Inhalte auf eine Weise verarbeiten, die sich noch ähnlicher ist als die von moderaten Parteifreunden.“

Gehirnscans von radikalen Linken und radikalen Rechten

An der Studie haben 44 Menschen mit einer extrem linken oder extrem rechten Einstellung teilgenommen. Die Probanden haben ein Video mit politischen Inhalten gesehen, während sie sich in einem Magnetresonanztomographen (MRT) befanden, der ihre Gehirnaktivität aufgezeichnet hat.

Laut den Messungen reagieren Menschen mit extremen Positionen auf politische Inhalte mit einer erhöhten neuronalen Aktivität in Bereichen des Gehirns, die für die Verarbeitung von Emotionen zuständig sind, darunter die Amygdala, das periaquäduktale Grau und der posteriore superiore temporale Sulcus. Außerdem wurde bei Probanden mit einer extremen politischen Position, egal ob diese links oder rechts ist, eine stärkere neuronale Aktivität in Gehirnarealen, die mit sozialem Denken und Perspektivübernahme verbunden sind, beobachtet.

„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine gemeinsame emotionale Reaktion auf politische Inhalte erklären kann, warum Menschen an den entgegengesetzten Enden des politischen Spektrums die Welt durch eine ähnlich extreme Brille betrachten.“

Die Forscher betonten, dass ihr Experiment nur einen kleinen Ausschnitt der Politik abbildet. Deshalb sei Vorsicht geboten, die Ergebnisse auf sämtliche Formen politischer Kommunikation zu übertragen. Außerdem erklären Sie, dass die Studie in den U.S.A. durchgeführt wurde und sich ideologische Extreme in anderen politischen Systemen oder Kulturen anders verhalten könnten.

„Es ist bekannt, dass politische Ideologie neuronale Synchronisierung beeinflussen kann. Nun sehen wir aber auch, dass geteilte Extreme, selbst bei gegensätzlichen Ideologien, ähnliche Hirnreaktionen hervorrufen.“

Laut den Wissenschaftlern könnten die Ergebnisse dabei helfen, extremen Ansichten besser entgegenzuwirken und gemeinsame Perspektiven zu fördern.

„Wenn jemand tief in seinen extremen Überzeugungen verankert ist, fällt es schwer, die Welt aus den Augen anderer zu sehen. Es könnte überraschend sein zu erfahren, dass das eigene Gehirn Informationen auf ganz ähnliche Weise verarbeitet wie das eines Menschen mit diametral entgegengesetzten Ansichten. In diesem Sinn kann die Erkenntnis helfen, eine tiefe politische Kluft zumindest ein Stück weit zu überbrücken.“

Journal of Personality and Social Psychology, doi: 10.1037/pspa0000460

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