Vena-Galeni-Malformation

Erste Gehirnoperation an Baby im Mutterleib durchgeführt

Robert Klatt

Baby im Mutterleib mit Vena-Galeni-Malformation (Symbolbild) )kcotS ebodAaBizzaB(Foto: © 

Vena-Galeni-Malformation (VOGM), eine lebensbedrohliche Missbildung der blutzuführenden Hirnarterien, die vor der Geburt entsteht, wurde erstmals erfolgreich im Mutterleib operiert.

Boston (U.S.A.). Die Vena-Galeni-Malformation (VOGM) ist eine Missbildung der blutzuführenden Hirnarterien, die bereits vor der Geburt auftritt. Dabei verbinden sich Arterien, die mit hohem Druck Blut vom Herzen zum Gehirn transportieren, direkt mit einer der Hauptvenen am Grund des Gehirns. Dies umgeht die für die Verlangsamung des Blutflusses und Sauerstoffversorgung des Gehirngewebes unerlässlichen Kapillaren.

Durch veränderte vaskuläre Bedingungen des Kindes während und nach der Geburt kann der erhöhte Blutfluss der Malformation erheblichen Druck auf Herz und Lungen des Neugeborenen ausüben. Dies kann zu Lungenhochdruck, Herzversagen oder anderen lebensbedrohlichen Zuständen führen. VOGM wird meistens erstmals im Rahmen eines vorgeburtlichen Ultraschalls erkannt und im späten, zweiten oder dritten Trimenon der Schwangerschaft durch ein MRT definitiv diagnostiziert.

VOGM im Mutterleib operiert

Ärzte und Wissenschaftler des Boston Children’s Hospital um Darren B. Orbach  haben nun erstmals eine VOGM in der Gebärmutter operiert. Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Stroke konnte die gefährliche vorgeburtliche Störung des Babys erfolgreiche behandelt werden.

„In unserer fortlaufenden klinischen Studie nutzen wir Ultraschall-gesteuerte transuterine Embolisationen, um die Vene von Galen-Malformation bereits vor der Geburt zu behandeln. Bei unserem ersten behandelten Fall konnten wir mit Freude feststellen, dass der üblicherweise nach der Geburt beobachtete aggressive Zustandsverschlechterung ausblieb. Wir sind erfreut berichten zu können, dass das Neugeborene nach sechs Wochen erstaunlich gut entwickelt ist. Es benötigt keinerlei Medikamente, isst normal, nimmt an Gewicht zu und ist bereits zu Hause. Es gibt keine Anzeichen von negativen Auswirkungen auf das Gehirn des Kindes.“

Geburt kurz nach der Operation

Aufgrund eines vorzeitigen Blasensprungs während der intrauterinen Embolisation wurde das Baby zwei Tage später durch eine eingeleitete natürliche Geburt zur Welt gebracht. Eine nach der Geburt durchgeführte Echokardiographie zeigte eine fortschreitende Normalisierung der Herzleistung. In diesem Fall benötigte das Neugeborene nach der Behandlung im Mutterleib keine kardiovaskuläre Unterstützung oder Operation.

Aufgrund seiner Frühgeburt verbrachte es jedoch mehrere Wochen in der Neugeborenen-Intensivstation, bevor es nach Hause entlassen wurde. Während dieser Zeit zeigte das Neugeborene bei neurologischen Untersuchungen keinerlei Auffälligkeiten und es wurden weder Schlaganfälle, Flüssigkeitsansammlungen noch Blutungen auf den Gehirn-MRT-Bildern festgestellt.

Neue Standardbehandlung bei Vena-Galeni-Malformation

Es wird angenommen, dass die Vene von Galen-Malformation, die häufigste angeborene Gefäßmissbildung des Gehirns, bei etwa einem von 60.000 Neugeborenen auftritt. Der aktuelle Behandlungsstandard für diese Krankheit sieht eine postnatale Embolisation vor, ein Katheterverfahren, bei dem die direkten Verbindungen zwischen Arterien und Venen in der Fehlbildung verschlossen werden, um den übermäßigen Blutfluss zum Gehirn und Herz zu blockieren.

Allerdings birgt die Embolisation selbst erhebliche Risiken und führt nicht immer zu einer Umkehrung der Herzinsuffizienz. Darüber hinaus kann es bereits zu schweren Hirnschäden gekommen sein, die lebenslange kognitive Beeinträchtigungen und lebensbedrohliche Zustände beim Säugling verursachen können, oder sogar zum Tod führen können. Die Gehirnoperation an Baby im Mutterleib könnte deshalb zur neuen Standardbehandlung werden.

„Obwohl es sich hierbei erst um unseren ersten behandelten Patienten handelt und es unerlässlich ist, dass wir die Studie fortsetzen, um die Sicherheit und Wirksamkeit bei anderen Patienten zu beurteilen, könnte dieser Ansatz eine Paradigmenverschiebung in der Behandlung der Vene von Galen-Malformation einläuten. Dabei würden wir die Malformation schon vor der Geburt beheben und das Herzversagen verhindern, bevor es eintritt, anstatt zu versuchen, es nach der Geburt rückgängig zu machen. Dies könnte das Risiko langfristiger Gehirnschäden, Behinderungen oder Todesfälle bei diesen Säuglingen erheblich reduzieren.“

Stroke, doi: 10.1161/STROKEAHA.123.043421

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