Robert Klatt
Cannabiskonsumenten erkranken deutlich öfter an Typ-2-Diabetes. Noch ist unklar, ob die Droge die Insulinresistenz des Menschen beeinflusst oder ob das Risiko für Typ-2-Diabetes zunimmt, weil die Drogenkonsumenten sich ungesünder ernähren.
Boston (U.S.A.). Der Cannabiskonsum nimmt global zu, unter anderem, weil immer mehr Länder die Droge in den letzten Jahren legalisiert haben. Die Forschung hat die Auswirkungen des Cannabiskonsums auf den Stoffwechsel bisher aber kaum untersucht, obwohl Studien darauf hindeuten, dass die Droge entzündungshemmende und gewichtsregulierende Effekte hat. Außerdem gibt es Indizien dafür, dass Cannabis den Zuckerstoffwechsel und die Insulinresistenz beeinflusst und dadurch das Risiko für Typ-2-Diabetes erhöht.
„Da Cannabis zunehmend verfügbar ist, gesellschaftlich akzeptiert wird und in vielen Regionen legal ist, müssen wir seine potenziellen Gesundheitsrisiken besser verstehen.“
Forscher des Boston Medical Center (BMC) haben deshalb eine umfassende Studie mit Gesundheitsdaten von über vier Millionen Erwachsenen durchgeführt, die auf dem Annual Meeting of the European Association for the Study of Diabetes (EASD) vorgestellt wurde. Unter den Probanden befanden sich 96.795 Menschen, die nachweislich Cannabis konsumiert haben, darunter Gelegenheitsnutzer, Personen, die die Droge regelmäßig konsumieren, und Personen, die aufgrund einer Cannabiskonsumstörung (Cannabis Use Disorder, CUD) behandelt wurden. Als Kontrollgruppe dienten 4.160.998 gesunde Personen, die weder Cannabis noch andere Drogen konsumierten.
In der analysierten Stichprobe kam es bei Cannabiskonsumenten zu 1.937 neuen Fällen von Typ-2-Diabetes (2,2 %) und in der Kontrollgruppe zu 518 Fällen (0,6 %). Nachdem die Forscher zahlreiche Risikofaktoren für Typ-2-Diabetes, etwa HDL- und LDL-Cholesterin, kardiovaskuläre Erkrankungen und Bluthochdruck, berücksichtigt hatten, kamen sie zu dem Ergebnis, dass Cannabiskonsumenten statistisch ein fast viermal höheres Typ-2-Diabetes-Risiko haben.
„Diese neuen Erkenntnisse aus verlässlichen Daten unterstreichen, wie wichtig es ist, das Bewusstsein für Diabetes-Risiken in die Behandlung von Substanzstörungen einzubeziehen. Ärztinnen und Ärzte sollten routinemäßig mit ihren Patienten über Cannabis sprechen, damit diese ihr gesamtes Risiko für Diabetes erkennen und gegebenenfalls eine Stoffwechselkontrolle erhalten können.“
Laut den Wissenschaftlern sind weitere Studien nötig, um genau zu verstehen, wieso das Typ-2-Diabetes-Risiko bei Cannabiskonsumenten höher ist. Die Autoren gehen davon aus, dass die Droge entweder die Insulinresistenz beeinflusst oder dass Cannabiskonsumenten im Mittel eine deutlich ungesündere Ernährung haben und deshalb öfter an Typ-2-Diabetes erkranken. Sie wollen deshalb in kommenden Studien die langfristigen hormonellen Auswirkungen der Droge untersuchen und analysieren, ob Unterschiede zwischen inhalierten und essbaren Konsumformen bestehen.