Enzymbehandlung

Blutgruppe von Spenderorganen verändert

Robert Klatt

Blutgruppe von Spenderorganen )moc.hsalpsnuhsoJ issaC(Foto: © 

Enzyme können die A-Antigene von Organen entfernen. Dies könnte die Umwandlung in universelle Spenderorgane ermöglichen.

Toronto (Kanada). Blutgruppen betroffen nicht nur Erythrozyten (rote Blutkörperchen), sondern nahezu alle Zellen des menschlichen Körpers. Oligosaccharide auf der Oberfläche der Zellen kennzeichnen die Blutgruppe A, B oder AB. Fehlen Oligosaccharide liegt die Blutgruppe 0. Diese ist essenziell für Bluttransfusionen, weil ihre Blutkörperchen nicht von Antikörpern gegen A und B attackiert werden können.

Diese AB0-Eigenschaften sind auch bei Organtransplantationen relevant, weil es ansonsten zu schweren Abstoßungsreaktionen kommt. Universelle Organ- und Blutspender sind deshalb nur Menschen mit der Blutgruppe 0. Weil Menschen mit dieser Blutgruppe jedoch häufig Antikörper gegen die Blutgruppen A und B haben, müssen sie selbst am längsten auf Spenderorgane warten.

13,8 Monate Wartezeit bei Herztransplantation

In den U.S.A. müssen Menschen mit der Blutgruppe 0 aktuell auf ein Spenderherz 13,8 Monate warten. Bei Menschen mit der Blutgruppe A oder B liegt die Wartezeit bei einer Herztransplantation bei fünf Monaten. Noch schneller geht es bei Menschen mit der Blutgruppe AB. Weil diese universelle Empfänger sind und keine Antikörper gegen A und B besitzen, müssen sie lediglich zwei Monate auf ein Spenderherz warten.

Verteilungsgerechtigkeit bei Organspenden

Wissenschaftler vom University Health Network (UHN) möchten die Verteilungsgerechtigkeit bei Organspenden verbessern. Sie suchen daher nach einem Weg, mit dem die Blutgruppe A und B in 0 umgewandelt werden kann, um universelle Spenderorgane herzustellen. Nun hat das Team um Marcelo Cypel im Fachmagazin Science Translational Medicine Studie publiziert, die zeigt, dass die A-Antigene von der Zelloberfläche entfernt werden können. Organe von Spendern mit der Blutgruppe A könnten so in universelle Spenderorgane umgewandelt werden.

Universelle Spenderorgane dank Enzymen

Als Basis der Behandlung dienen zwei Enzyme, die das Teammitglied Stephen Withers von der Universität in Vancouver laut einer Publikation im Fachmagazin Nature Microbiology bereits im Jahr 2019 im Darm von Menschen entdeckte. Dort produziert das Bakterium Flavonifractor plautii die Enzyme Fp-Galactosaminidase und FpGalNAc-Deacetylase, die das A-Antigen von der Zelloberfläche der Spenderorgane in zwei Schritten entfernen. Diesen Prozess bezeichnen die Wissenschaftler als Azyme.

A-Antigene fast vollständig entfernt

Im Rahmen der Studie behandelten die Forscher rote Blutzellen und Blutgefäße mit Azymen. Bei den Blutzellen wurden die A-Antigene fast vollständig (99 %) entfernt. Auch bei den Blutgefäßen verlief die Behandlung erfolgreich.

Im nächsten Schritt entwickelten die Wissenschaftler ein Gerät, um Spenderlungen zu behandeln. Diese durchspült die Organe mit einer Enzymlösung und stellt parallel dazu die Versorgung mit Nährstoffen und Sauerstoff sicher, damit die Lunge im Prozess keinen Schaden nimmt. Nach etwa vier Stunden waren auch hier nahezu alle (97 %) der A-Antigene entfernt. Dabei kam es zu keinen sichtbaren Schäden am Lungengewebe.

Organtransplantation bei Tieren

Nun wollen die Wissenschaftler ihr Verfahren in tierexperimentellen Studien untersuchen. In diesen Studien sollen mit Azymen behandelte Lungen in Tiere mit einer inkompatiblen Blutgruppe derselben Spezies transplantiert werden. Sollte auch dieses Experiment gelingen, muss noch die langfristige Sicherheit des Verfahrens erprobt werden, bevor klinischen Studien mit menschlichen Probanden durchgeführt werden können.

Laut den beteiligten Wissenschaftlern ist es denkbar, dass die A-Antigene nach der Transplantation wieder entstehen. Dies liegt daran, dass die Enzyme zwar die A-Antigene nahezu vollständig entfernen, jedoch nicht die Gene, die diese Anti­gene produzieren. Wäre dies der Fall, würde es kurz nach der Transplantierten zu starken Abstoßungsreaktionen kommen.

Science Translational Medicine, doi: 10.1126/scitranslmed.abm7190

Nature Microbiology, doi: 10.1038/s41564-019-0469-7

Spannend & Interessant
VGWortpixel