Methylmalonsäure

Altes Blut erhöht Aggressivität von Krebszellen

Robert Klatt

Blut )moc.hsalpsnuhsoJ issaC(Foto: © 

Eine erhöhte Konzentration von Methymalonsäure (MMS) im Blut älterer Menschen steigert die Aggressivität von Krebszellen und verursacht Resistenzen gegen Medikamente.

New York (U.S.A.). Karzinogene Umwelteinflüsse, die sich im Laufe des Lebens akkumulieren und die zurückgehende Leistungsfähigkeit der zelleigenen DNA-Reparatur, die dafür sorgt, dass Genschäden und Mutationen nicht mehr vollständig beseitigt werden können, sorgen dafür, dass das Krebsrisiko gemeinsam mit dem Alter eines Menschen steigt. Überdies sind Tumore bei älteren Menschen im Mittel aggressiver und bilden häufiger Metastasen. Die Ursache dafür war der Medizin bisher unbekannt.

Wissenschaftler des Weill Cornell Medical College in New York haben laut einer Publikation im Fachmagazin Nature nun anhand von Blutuntersuchungen den Grund dafür gesunden. Für das Experiment nutzten die Forscher das Blut von 30 gesunden Menschen unter 30 Jahren sowie 30 gesunden Senioren. Dieses Blut wurde anschließend gemeinsam mit einer Nährlösung genutzt, um Krebszelllinien im Labor zu kultivieren.

Altes Blut verändert Verhalten der Krebszellen

Es zeigte sich dabei, dass die Tumorzellen im Blut der jungen Menschen sich kaum veränderten. Bei den Tumorzellen im Blut der älteren Spender beobachteten die Wissenschaftler hingegen ein aggressives Verhalten, bei dem die Tumorzellen in das umliegende Gewebe eindrangen und sogar gegen die Chemotherapeutika Carboplatin und Paclitaxel Resistenzen entwickelten.

Anschließende Tierversuche mit Mäusen bestätigten diese Beobachtung. Tieren, denen die Wissenschaftler Brustkrebszellen injiziert, die im alten Blut kultiviert wurden, sorgten für eine zügige Metastasenbildung in der Lunge. Bei der Kontrollgruppe, der die Brustkrebszellen aus dem jungen Blut injiziert wurden, verhielten sich die Krebszellen deutlich weniger aggressiv.

Blutfaktoren erhöhen Aggressivität von Tumorzellen

Studienleiterin Ana Gomes konstatiert daher, dass „es im Blut mit dem Alter zusammenhängende zirkulierende Faktoren gibt, die den Tumorzellen aggressive Eigenschaften.“ Um herauszufinden, welche Faktoren dies sind, analysierte das Team 179 Stoffwechselprodukte von jungen und alten Blut. Dabei fanden sie heraus, dass im Blut älterer Menschen drei Metabolite deutlich häufiger vorkommen.

Methylmalonsäure (MMS) als Krebsursache

Anschließende Experimente, bei denen die drei Metabolite separat an Krebszellen getestet wurden, zeigen, dass Methylmalonsäure (MMS) für die höhere Aggressivität von Tumorzellen allein verantwortlich ist. Dieses Molekül kommt zwar auch im Blut junger Menschen vor, ist bei älteren Menschen aber bis 100-fach höher konzentriert. Erzeugt wird MMS beim Abbau von Proteinen und Fetten.

Eine Analyse zeigt, dass sich MMS im an Blutfette bindet und dann gemeinsam mit diesen von Tumorzellen aufgenommen wird. In den Zellen wirkt MMS dann auf die Genaktivität und aktiviert das SOX4-Gen. Laut Gomes „gilt SOX4 als Marker für eine schlechte Prognose, weil es zum Tumorwachstum und zur Metastasenbildung beiträgt.“ Vorherige Studien haben belegt, dass besonders aggressiven Krebsarten SOX4 überdurchschnittlich stark exprimierten.

Neue Therapiemöglichkeiten

Laut den Studienautoren kann die Identifikation dieses Wirkmechanismus in Zukunft bei der Entwicklung neuer Therapiemöglichkeiten helfen. Gomes erklärt dazu, dass „die Akkumulation von Methymalonsäure das Altern mit dem Krebswachstum verbindet und dass das dafür spricht, dass MMA auch ein vielversprechendes Ziel für Therapien bei fortgeschrittenem Krebs sein könnte.“

Nature, doi: 10.1038/s41586-020-2630-0

Spannend & Interessant
VGWortpixel