Robert Klatt
Die Meere heizen sich durch den anthropogenen Klimawandel kontinuierlich auf. Im Atlantik, in der Nähe von Grönland, existiert aber das sogenannte Nordatlantische Wärmeloch (NAWH), dessen Temperatur seit mindestens einem Jahrhundert langsam sinkt. Nun wurde die Erklärung dafür entdeckt.
Riverside (U.S.A.). Die Meere absorbieren rund 90 Prozent der Wärme des anthropogenen Klimawandels und heizen sich dadurch kontinuierlich auf. Im Nordatlantik gibt es jedoch ein Gebiet, das der globalen Entwicklung nicht folgt und sich stattdessen abkühlt. In der Geowissenschaft war es bislang umstritten, wie sich das sogenannte Nordatlantische Wärmeloch (NAWH) vom übrigen Ozean unterscheidet. Forscher der University of California, Riverside (UC Riverside) haben nun eine Studie publiziert, die die dortige Temperatur erklärt.
„Südlich von Grönland zeigt sich eine langanhaltende Abkühlung, die im Kontrast zur Erwärmung überall sonst steht. Die Leute fragen sich, warum dieser kalte Fleck existiert.“
Laut den historischen Beobachtungsdaten ist die NAWH bereits seit über 100 Jahren kälter als die Umgebung und hat sich seitdem zunehmend weiter abgekühlt. Zudem nimmt der Salzgehalt des NAWH zwar langsam, aber stetig ab.
„Die Beobachtungen zeigen im Mittel eine Abkühlung von bis zu 0,3 Grad pro Jahrhundert.“
Um die ungewöhnliche Entwicklung der Temperaturen und des Salzgehalts im Nordatlantik zu analysieren, haben die Forscher laut der Publikation im Fachmagazin Communications Earth & Environment die Klima-Ozean-Modelle CMIP5 und CMIP6 verwendet. Dabei haben sie neben unterschiedlichen Wind- und Wasserbedingungen auch verschiedene Werte für die Atlantische Meridionale Umwälzströmung (AMOC) als potenzielle Ursache analysiert.
Die AMOC ist ein großes Strömungssystem, das warmes, salziges Wasser aus der Karibik in den Norden transportiert und damit Wärme nach Europa bringt. Anschließend kühlt das Meerwasser wieder ab und fließt zurück in den Süden. Die Simulationen der Forscher zeigen, wie sich das NAWH seit 1990 bei unterschiedlichen Stärken der Umwälzpumpe entwickelt hat.
Laut den Klima-Ozean-Modellen ist die Abschwächung der Meeresströmung verantwortlich für das kalte Gebiet im Atlantik.
„Wenn man die Beobachtungsdaten mit allen Simulationen vergleicht, dann reproduziert nur das Szenario mit einer abgeschwächten AMOC die Abkühlung in genau dieser Region. Diese Korrelation ist sehr robust.“
Wie die Forscher erklären, hat die AMOC seit 1990 1,01 bis 2,97 Sverdrup pro Jahrhundert verloren, transportiert also heute pro Sekunde 1,01 bis 2,97 Millionen Kubikmeter Wasser weniger als vor 100 Jahren. Es gelangt also deutlich weniger warmes, salziges Wasser in den Norden, was zur Bildung der NAWH geführt hat. Das Süßwasser der abtauenden grönländischen Gletscher hat dadurch einen höheren Anteil am Wasser des NAWH und sorgt dafür, dass der dortige Salzgehalt abnimmt.
„Die Simulationen zeigen eine ausgeprägte Aussüßung im nordatlantischen Wärmeloch, deren Ausmaß mit den Beobachtungen übereinstimmt.“
Die Studie zeigt somit, dass die schwächelnde Umwälzströmung die NAWH verursacht hat. Die Erderwärmung führt demnach nicht nur dazu, dass große Teile der Meere wärmer werden, sondern auch dazu, dass einzelne Meeresgebiete abkühlen. Laut den Forschern sollen die neuen Erkenntnisse dabei helfen, die Auswirkungen des NAWH auf den übrigen Ozean sowie zukünftige Entwicklungen besser zu verstehen.
„Die von uns eingesetzte Methodik ist ein guter Weg um zu verstehen, wie sich das System verändert hat und wohin es steuert, wenn die Treibhause weiter zunehmen.“
Communications Earth & Environment, doi: 10.1038/s43247-025-02403-0