Patagonien

Spalt in der Erdkruste lässt Gebirge schnell wachsen

Robert Klatt

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Der südliche Teil der Anden wächst drei- bis viermal schneller als andere aufsteigenden Regionen der Erde. Verantwortlich dafür ist eine Kombination aus thermischer Erosion und isostatischer Hebung.

St. Louis (U.S.A.). Der südliche Teil der Anden wächst aktuell mehr als vier Zentimetern pro Jahr. Dies ist etwa drei- bis viermal schneller als alle anderen aufsteigenden Regionen der Erde. Wissenschaftler der Washington University in St. Louis haben nun die Ursache dafür ermittelt. Wie das Team um Hannah F. Mark in den Geophysical Research Letters publiziert hat, ist der Hauptgrund für den rapiden Anstieg der Gebirge in Patagonien ein Spalt an der Unterseite der Erdplatte, das durch heißes geschmolzenes Gestein entstanden ist.

Zudem schmilzt der Patagonische Eisschild derzeit rasant. Dies reduziert den Druck auf die Erdkruste und beschleunigt das Wachstum. Gemeinsam sorgen die beiden Prozesse somit dafür, dass der Teil der Anden deutlich schneller in die Höhe wächst als Gebirge in anderen Regionen des Planeten.

Erdbebenwellen in geringer Tiefe

In ihrer Studie schreiben die Wissenschaftler, dass seismischer Messungen unmittelbar unter dem Patagonischen Eisschild einen Bereich offenbarten, in dem bereits in sehr geringer Tiefe auffällig langsame Erdbebenwellen auftraten. Dies ist laut ihnen ein Beleg dafür, dass statt es eigentlich festen Gesteins des lithosphärischen Mantels in dieser Region heißes und weiches Material existiert.

Ausgelöst wurde dies sehr wahrscheinlich durch aufsteigende Schmelze, die die Unterseite der Erdplatte zunehmend abgetragen hat. Dieser Prozess wird in der Geologie als thermische Erosion bezeichnet. In der zuvor dicken Erdplatte ist demnach eine Lücke entstanden, die dafür sorgt, dass die Erdkruste in dieser Region besonders beweglich ist. Laut den Messdaten ist die Lücke in der Erdkruste noch klein. Aktuell kann das geschmolzene Material nur durch einen schmalen Spalt aufsteigen, wo einst der Mittelozeanische Rücken in Richtung Erdkern abtauchte.

Klimawandel lässt Gebirge wachsen

Eine bereits 2010 in den Earth and Planetary Science Letters publizierte Studie zeigte zudem, dass das Eisschild in Patagonien rapide abtaut. In den Eiszeiten sorgten die gewaltigen Eismassen dafür, dass ein Gegendrück zum aufsteigenden Material aus dem Erdkern besteht. In den Anden bestehen jedoch nur noch Überreste der kilometerdicken Eismassen. Infolge des Klimawandels tauen jedoch auch diese immer schneller ab. Die Delle in der Erdkruste, die durch das Eis ausgelöst wurde, wird dadurch zunehmend flacher. Dieser Prozess wird als isostatische Hebung bezeichnet.

Neben den Enden erfolgt dies auch in den zuvor eisbedeckten Regionen der Nordhalbkugel. Dort hebt sich das Land aber nur um maximal anderthalb Zentimeter pro Jahr, weil die Erdkruste dicker und der Erdmantel kühler und zäher ist als in Patagonien.

Geophysical Research Letters, doi: 10.1029/2021GL096863

Earth and Planetary Science Letters, doi: 10.1016/j.epsl.2009.10.021

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