Ausgestorbener Wal

Schwerstes Tier der Erdgeschichte entdeckt

 Robert Klatt

Perucetus colossus - Das schwerste Tier der Erdgeschichte )ed.wb-muesumednukrutaniranneG otreblA(Foto: © 

Perucetus colossus, eine inzwischen ausgestorbene Walart, war das schwerste Tier der Erdgeschichte. Der Fund des kolossalen Fossiles verändert das Verständnis der Walevolution.

Stuttgart (Deutschland). Forscher des Staatlichen Museums für Naturkunde Stuttgart (SMNS) um Dr. Eli Amson haben ein Fossil einer frühen Walart analysiert, das vor zehn Jahren in der Wüste an der Südküste Perus entdeckt wurde. Laut der Publikation im Fachmagazin Nature lebte die Art Perucetus colossus („kolossale Wal aus Peru“) vor rund 39 Millionen Jahren in küstennahen Gewässern der Erde. Der Verwandte der heute lebenden Wale, Delfine und Schweinswale ist das schwerste bekannte Tier der Erdgeschichte.

Die Wirbel des Fossils wiegen jeweils über 100 Kilogramm und die Rippen des Wals sind 1,4 Meter lang. Insgesamt hat 20 Meter lange Skelett des Perucetus colossus ein Gewicht von fünf bis acht Tonnen. Es ist damit rund zwei- bis dreimal so schwer wie das Skelett eines 25 Meter langen Blauwals.

Analyse des Gewichts von Perucetus colossus

Mit unterschiedlichen Verfahren haben die Forscher das Gewichts eines lebenden Perucetus colossus rekonstruiert. Zunächst führten sie eine Untersuchung der gesicherten und aufbereiteten Knochen durch, die unter anderem ein Scannen zur Bestimmung des Volumens und eine Untersuchung der inneren Knochenstruktur durch Kernbohrungen umfasste.

Perucetus colossus
Perucetus colossus )ed.wb-muesumednukrutanlhönieR anailiL(Foto: ©

Überdies flossen in die Analyse auch Informationen von vollständig erhaltenen Skeletten enger verwandter Arten ein. Bei der Berechnung der Körpermasse des Perucetus griffen die Wissenschaftler auf das bei lebenden Meeressäugern festgestellte Verhältnis von Weichteilgewicht zu Skelettgewicht zurück. Die aus diesen Analysen resultierenden Schätzwerte reichen von 85 bis 340 Tonnen.

Perucetus colossus lebte in küstennahen Gewässern

Die Fossilfunde von Walen und Delfinen liefern eindrückliche Belege dafür, wie Tiere im Laufe der Evolution eine erstaunliche Anpassungsfähigkeit bewiesen haben, um vom Landleben zu einem vollständig aquatischen Lebensstil überzugehen. Dabei spielt der Auftrieb eine wesentliche Rolle in ihrer biologischen Entwicklung.

Das beeindruckende Gewicht von Perucetus kann auf zwei wesentliche Veränderungen im Skelettaufbau zurückgeführt werden: Zum einen auf die zusätzliche Ablagerung von Knochenmaterial an der äußeren Oberfläche der Skelettelemente und zum anderen auf die Erhöhung der Knochendichte. Beide Faktoren tragen dazu bei, das Skelett massiver und demzufolge schwerer zu machen.

„Bereits gut bekannt sind die Veränderungen der Knochenmasse bei Säugetieren, die meist in flachen Küstengewässern leben, wie beispielsweise den Seekühen. Das zusätzliche Gewicht hilft diesen Tieren, ihren Auftrieb zu regulieren und sich unter Wasser zu halten, ähnlich wie der Bleigürtel bei Tauchern. Bei modernen Walen, die in viel größere Tiefen tauchen können und weit vor der Küste leben, ist die Knochenstruktur im Gegensatz dazu viel leichter.“

Neues Verständnis der Walevolution

Die Entdeckung einer gigantischen Spezies wie dem Perucetus colossus, der durch eine signifikante Zunahme der Knochenmasse gekennzeichnet ist, wirft ein neues Licht auf das Verständnis der Evolution der Wale. Laut der Analyse könnten Wale ihre massiven Körperausmaße bereits 30 Millionen Jahre früher erreicht haben könnten, als bisher angenommen wurde.

Bislang wurde angenommen, dass der evolutionäre Schritt hin zu echtem Gigantismus bei Walen, wie wir ihn bei modernen Bartenwalen, etwa dem Blauwal, beobachten, ein verhältnismäßig junges Phänomen ist, das erst vor etwa 10 Millionen Jahren aufgetreten ist. Überdies leben diese riesigen Arten im Gegensatz zum neu beschriebenen Urzeit-Wal im offenen Ozean.

„Für uns ist eines der entscheidenden Ergebnisse unserer Arbeit, dass sich der Übergang zu echtem Gigantismus bei Walen viel früher in der Erdgeschichte entwickelte, als wir bisher dachten. Perucetus colossus kombiniert eine gigantische Größe mit extrem hohem Knochengewicht und lebte bereits vor 39 Millionen Jahren. Dieser frühe Wal verschiebt die bisher bekannte Obergrenze der Skelettmasse bei Säugetieren und im Wasser lebenden Wirbeltieren drastisch. Möglicherweise ist er auch das schwerste jemals beschriebene Tier.“

Nature, doi: 10.1038/s41586-023-06381-1

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