Pflanzenschutzmittel

Glyphosat führt bei Kaulquappen zu Fehlbildungen

Robert Klatt

Kaulquappen des Südafrikanischen Krallenfrosches )ed.mlu-inuhcalF hannaH(Foto: © 

Das umstrittene Pflanzenschutzmittel Glyphosat führt bei Kaulquappen zu unterschiedlichen Fehlbildungen und zu Veränderungen der Genaktivität. Das Herbizid könnte somit ein wichtiger Faktor für den globalen Rückgang von Amphibienpopulationen sein.

Ulm (Deutschland). Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Glyphosat, eines der am häufigsten eingesetzten Pflanzenschutzmittel, als potenziell krebserregend eingestuft. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass das Herbizid das Nervensystem schädigen kann. Trotzdem haben zwei EU-Behörden kürzlich das Pflanzenschutzmittel bei sachgemäßer Anwendung als unbedenklich eingestuft. Wissenschaftler haben diese Entscheidung kritisiert, weil sie auf veralteten Studien basiert.

Die Bayer Aktiengesellschaft (Bayer AG), der Produzent des Herbizids, nennt als Argument gegen eine organschädigende und karzinogene Wirkung von Glyphosats meist, dass das Mittel lediglich ein Enzym hemmt, das nur in einem Stoffwechselweg bei Pflanzen und wenigen Mikroorganismen vorkommt. Dieser Shikimisäure-Weg ist beteiligt an der Bildung pflanzlicher Inhaltsstoffe und mehrerer Aminosäuren.

Spezifische Wirkung von Glyphosat?

„Wegen dieser spezifischen Wirkung gelten glyphosathaltige Herbizide bislang als ungiftig für Nichtziel-Organismen“, erklärt Hannah Flach von der Universität Ulm. Inzwischen gibt es jedoch deutliche Hinweise darauf, dass das Herbizid weit über die pflanzenspezifische Wirkung hinaus die Umwelt beeinflusst. Eine Studie der Universität Graz kam zum Beispiel zu dem Ergebnis, dass Glyphosat die Anzahl der Nachkommen bei Ameisen reduziert.

Um die Wirkung von Glyphosat besser verstehen zu können, führten die Wissenschaftler um Flach deshalb eine Studie durch, die untersucht hat, ob und wie das Pflanzenschutzmittel die Entwicklung von Kaulquappen des Südafrikanischen Krallenfroschs (Xenopus laevis) beeinflusst. Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Aquatic Toxicology ließen sie dazu Tiere in Wasser aufwachsen, das mit unterschiedlich hohen Glyphosatdosen kontaminiert war.

Fehlbildungen bei Kaulquappen durch Pflanzenschutzmittel

In der Entwicklung vom Eistadium zum Frosch entstanden durch das Herbizid bei den Tieren deutliche Fehlbildungen. Betroffen waren primär der Schädelknorpel, die Augen, die Gehirne und die Nerven, die im Vergleich mit Kaulquappen aus nicht kontaminierten Wasser deutlich kleiner waren. Zudem waren die Vorhofgröße und die Herzfrequenz der Tiere aus dem Glyphosatwasser signifikant geringer und ihre Körperform- und -länge entsprach nicht der Norm.

„Dabei traten nicht nur Defekte im Gehirn und im Herzen auf, sondern die Kaulquappen waren auch vermindert schwimmfähig, was sie in der Natur anfälliger für Fressfeinde macht“, so Flach. Eine weitere Analyse kam überdies zu dem Ergebnis, dass Glyphosat bei den Kaulquappen auch die Genaktivität beeinflusst.

Embryonalentwicklung von Amphibien

Die Beobachtungen bestätigen, dass das Herbizid die Embryonalentwicklung von Amphibien stört. Aufgetreten sind die Fehlbildungen bereits bei Glyphosatkonzentrationen, die in einigen Ländern bereits in typischen Lebensräumen von Fröschen und Kröten gemessen wurden. Die Studienergebnisse sind laut Flach deshalb besorgniserregend. „Die Ergebnisse lassen vermuten, dass Pestizide wie glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel beim weltweiten Rückgang von Amphibienpopulationen durchaus eine tragende Rolle spielen könnten“, konstatiert die Wissenschaftlerin.

Aquatic Toxicology, doi: 10.1016/j.aquatox.2022.106081

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