D. Lenz
Hunde suchen aufgrund ihrer Genetik die Nähe des Menschen. Eine Mutation sorgt dafür, dass sie sich hypersozial verhalten. Durch die Zucht wurde diese Mutation weiter verstärkt.
Princeton (U.S.A.). Kein zweites Tier ist so stark auf den Menschen fokussiert wie der Hund. Die seit langem domestizierten Tiere können die Stimmung ihrer Halter an der Stimme oder dem Gesichtsausdruck erkennen, lassen sich vom menschlichen Verhalten anstecken und verstehen die Gefühle des Menschen. Warum dies so ist hat Bridgett von Holdt von der Princeton University mit ihren Kollegen nun erforscht.
Die Wissenschaftler untersuchten dazu, was im Verlauf der Domestikation von Hunden dazu geführt hat, dass die Tiere sich so sozial und dem Menschen zugewandt entwickelt haben. Um dies herauszufinden analysierte das Team die genetische Basis von Hunden, da sie vermuteten den Grund für das extrem soziale Verhalten dort zu finden.
Die Ergebnisse der Studie stellen die Wissenschaftler im Fachmagazin Science Advances vor. Zu Beginn verglichen die Forscher das Verhalten von 18 Haushunden und zehn Wölfen, die die Anwesenheit von Menschen bereits gewohnt waren. Die Untersuchung bestätigte frühere Testreihen. Das Verhalten der Wölfe und Hunde glich sich nicht. Bei den gegebenen Problemen suchten die Hunde schon nach wenigen Versuchen die Hilfe des Menschen, während sich die Wölfe wesentlich hartnäckiger um eine eigene Lösung bemühten. Außerdem versuchten die Hunde stets Kontakt zum Menschen zu halten - selbst bei völlig Fremden.
Koautorin Monique Udell von der Oregon State University erklärte dazu, dass "darin der entscheidende Unterschied zu liegen scheint: Die Hunde richten ihren Blick anhaltend auf den Menschen und wollen so lange wie möglich in ihrer Nähe sein." Die Wissenschaftlerin erklärte, dass dieses Verhalten weit über dem erwarteten Sozialverhalten erwachsener Tiere liegt und es ein so ausgeprägtes Bedürfnis nach Nähe sonst nur bei Kinder gibt.
Bei Menschen gibt es eine seltene Erbkrankheit, die zu einem ähnlichen Verhalten wie dem der Hunde führt. Das sogenannte Williams-Beuren-Syndrom sorgt dafür, dass auch erwachsene Menschen eine kindliche Anhänglichkeit zeigen. Das hypersoziale Verhalten führt jedoch beim Menschen auch zu Einbußen der geistigen Leistungsfähigkeit. Ausgelöst wird es durch eine Genveränderung auf dem sechsten Chromosom.
Die Wissenschaftler untersuchten, basierend auf diesem Indiz, ob das Sozialverhalten von Hunden ebenfalls auf Veränderungen im gleichen Genkomplex zurückzuführen ist. Um dies zu verifizieren, untersuchten sie die Genetik der 18 Hunde und zehn Wölfe.
Die Wissenschaftler entdeckten auch bei den untersuchten Hunden in der selben Genregion, die beim Menschen für das Williams-Beuren-Syndrom verantwortlich ist, eine große Anzahl von Mutationen, die bei den Wölfen nicht vorhanden waren. Von Holdt schlussfolgerte daraus, "dass die gleiche Genregion, die dieses Syndrom bei uns auslöst, für das hypersoziale Verhalten der Haushunde verantwortlich ist."
Durch die Domestikation wird also nicht nur das Äußere verändert, sondern auch eine Mutation der Gene verursacht. Dies wird noch dadurch verstärkt, dass insbesondere Hunde die von vornherein ein soziales Verhalten gegenüber Menschen zeigten für die Zucht verwendet wurden. Die Mutation wurde so noch verstärkt.
Vol Holdt betonte dennoch, dass "sie damit kein Sozialgen gefunden haben. Aber es ist eine wichtige genetische Komponente, die die Persönlichkeit der Tiere prägt und die den Prozess der Domestikation vom wilden Wolf zum zahmen Haushund fördere."