Orion-Sternentstehungskomplex

Sonnensystem hat Radcliffe-Welle vor 14 Millionen Jahren durchquert

 Robert Klatt

Sonnensystem bewegte sich vor 14 Millionen Jahren durch die Radcliffe-Welle )ytisrevinU dravranamdooG .A assylA(Foto: © 

Unser Sonnensystem hat die Radcliffe-Welle, eine Ansammlung aus Gaswolken und Sternenwiegen in der Milchstraße, vor 14 Millionen Jahren durchquert. Weltraumstaub, der dabei in die Erdatmosphäre gelangt ist, hat wahrscheinlich einen Klimawandel ausgelöst, der zu einer Kältephase führte.

Wien (Österreich). Die Milchstraße ist eine dynamische Galaxie, in der rund ein Drittel der Sterne bereits ihre Umlaufbahn stark verändert haben. Die Sonne der Erde ist etwa heute rund 2.000 Lichtjahre von ihrem Ursprungsort entfernt und hat bereits unterschiedliche kosmische Umgebungen durchquert. Forscher der Universität Wien haben nun eine Studie publiziert, für die sie mithilfe von Daten des Weltraumteleskops Gaia die letzten 30 Millionen Jahre unseres Sonnensystems rekonstruiert haben.

„Dabei wollten wir klären, ob es zu einer Begegnung der Sonne mit der Radcliffe-Welle gekommen sein kann.“

Dabei haben sie entdeckt, dass das Sonnensystem vor 14 Millionen Jahren die Radcliffe-Welle durchquert hat. Es handelt sich dabei um eine Großstruktur der Milchstraße aus Gaswolken und Sternenwiegen, die rund 9.000 Lichtjahre lang ist und etwa ein Fünftel des lokalen Orionarms einnimmt.

Sonnensystem hat Radcliffe-Welle durchquert

Laut der Publikation im Fachmagazin Astronomy & Astrophysics zeigen die analysierten Daten, dass das Sonnensystem der Erde die Radcliffe-Welle vor 18 bis elf Millionen Jahren tatsächlich durchquert hat. Die Sonne hat sich dabei durch dichte Gaswolken bewegt, die derzeit zum Orion-Sternentstehungskomplex gehören und ist der Geburtswolke des Sternhaufens NGC 1980 sehr nahegekommen.

„In unserer Rekonstruktion können wir sehen, wie die Sonne sich der Radcliffe-Welle nähert, sie durchquert und sich dann von ihr entfernt.“

Klimawandel durch Weltraumstaub

Die Forscher erklären, dass die Kollision mit der Gaswolke die schützende Heliosphäre der Erde stark deformiert hat. Außerdem ist bei der Passage der Radcliffe-Welle viel Weltraumstaub in die Erdatmosphäre gelangt, darunter auch vermehrt radioaktive Isotope aus Supernovae wie Eisen-60. Überreste davon können noch heute auf der Erde gefunden werden. Weil Eisen-60-Isotope innerhalb von 14 Millionen Jahren fast vollständig zerfallen, lässt sich die Durchquerung der Radcliffe-Welle auf diesen Zeitraum eingrenzen.

Zudem ist es wahrscheinlich, dass die Passage der Großstruktur im Weltraum auf der Erde zu einem Klimawandel geführt hat. Das Erdklima hat sich vor 14 Millionen Jahren stark verändert und ist abgekühlt, also genau zum Zeitpunkt, als der Planet mit dem interstellaren Staub in Kontakt gekommen ist. Ob es sich dabei um einen Zufall handelt oder ob der Staub tatsächlich der Auslöser für die niedrigeren Temperaturen war, ist aber noch offen.

„Unsere Studie legt nahe, dass interstellarer Staub, der durch die Querung der Radcliffe-Welle auf die Erde gelangte, eine Rolle bei der Änderung des Klimas gespielt haben könnte.“

Die Forscher sind der Ansicht, dass der Staub aus dem Weltraum nicht allein ausreicht, um die Temperaturabkühlung zu erklären. Es ist laut ihnen jedoch wahrscheinlich, dass er zumindest teilverantwortlich für die Klimaabkühlung im Miozän war.

„Wenn die zugrundeliegenden Faktoren besser eingegrenzt sind, könnte dies auch den Beitrag der solaren Wanderung zu diesem Ereignis klären helfen.“

Astronomy & Astrophysics, doi: 10.1051/0004-6361/202452061

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