Zehn Mikrosekunden Dauer

Sonneneruptionen im Labor erzeugt

Robert Klatt

Künstliche Sonneneruptionen im Labor )ude.hcetlacbaL nalleB(Foto: © 
Auf den Punkt gebracht
  • Sonneneruptionen setzen gewaltige Menge Energie, die Milliarden Mal stärker als die stärkste Atombombe sind, abrupt frei
  • Bisher ist der Mechanismus dahinter kaum erforscht
  • Physiker haben deshalb eine künstliche Sonneneruptionen im Labor erzeugt und mit einer Hochgeschwindigkeitskamera beobachtet 

Sonneneruptionen sind bisher kaum erforscht. Physiker haben nun im Labor künstliche eine Sonneneruption erzeugt, um besser verstehen zu können, wie der Stern Röntgenstrahlen und energiereiche Teilchen in den Weltraum schleudert.

Pasadena (U.S.A.). Koronale Bögen sind Plasmastrukturen, die aus der Oberfläche der Sonne hervorstehen und entlang von Magnetfeldlinien ausgerichtet sind. Die Bögen können sich bis zu 100.000 Kilometer über die Sonnenoberfläche erstrecken und halten von Minuten bis zu mehreren Stunden an. Üblicherweise wachsen und entwickeln sich diese Schleifen langsam, können jedoch manchmal plötzlich eine gewaltige Menge Energie, die Milliarden Mal stärker als die stärkste nukleare Explosion auf der Erde sind, in den Weltraum schleudern. Diese abrupte Freisetzung von Energie wird in der Astronomie als Sonneneruption bezeichnet.

Obwohl seit Langem bekannt ist, dass Sonneneruptionen energiereiche Teilchen und Röntgenstrahlen erzeugen, beginnen Wissenschaftler erst jetzt, den Mechanismus dahinter zu entschlüsseln. Forscher haben zwei Möglichkeiten, um herauszufinden, wie und warum die Schleifen entstehen und sich verändern. Die erste Möglichkeit besteht darin, die Sonne zu beobachten und zu hoffen, das Phänomen zu erfassen, um relevante Informationen zu erhalten. Die zweite Möglichkeit ist die Simulation von Sonneneruptionen im Labor.

„Künstliche“ Sonneneruptionen

Wissenschaftler um Paul Bellan vom California Institute of Technology (Caltech) haben nun im Labor eine Sonneneruption mit der Größe einer Banane erzeugt. Das Experiment soll dabei helfen, die koronalen Massenauswürfe und die Dynamik des Sterns besser verstehen zu können.

Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Nature Astronomy entstanden die etwa 20 Zentimeter langen Sonneneruption in einer Vakuumkammer, die über Doppelelektroden verfügt. Die Forscher speicherten überschüssige Energie in einem Kondensator. Diese wurde dann abrupt über die Elektroden entladen und bildete die Sonneneruption.

„Jedes Experiment verbraucht etwa so viel Energie, wie eine 100-Watt-Glühbirne für etwa eine Minute braucht, und es dauert nur ein paar Minuten, den Kondensator aufzuladen.“

Sonneneruptionen mit Hochgeschwindigkeitskamera beobachtet

Die rund zehn Mikrosekunden andauernden Sonneneruptionen zeichneten die Forscher mit einer Hochgeschwindigkeitskamera, die pro Sekunde zehn Millionen Bilder machen kann, auf. Wie Yang Zhang erklärt, zeigen die Bilder, dass die Bögen einer Sonnenkorona nicht aus einer großen Struktur, sondern aus einzelnen geflochtenen Strängen, die gemeinsam eine Art Seil bilden, bestehen.

„Wenn man ein Stück Seil zerlegt, sieht man, dass es aus einzelnen Litzen geflochten ist. Zieht man diese einzelnen Stränge auseinander, sieht man, dass sie aus noch kleineren Strängen geflochten sind, und so weiter. Plasmaschleifen scheinen auf die gleiche Weise zu funktionieren.“

Strukturelle Ähnlichkeiten zwischen einer tatsächlichen Sonneneruption (oben) und der Sonneneruptionen im Labor (unten)
Strukturelle Ähnlichkeiten zwischen einer tatsächlichen Sonneneruption (oben) und der Sonneneruptionen im Labor (unten) )ude.hcetlacbaL nalleB(Foto: ©

Es stellt sich heraus, dass diese Struktur für die Entstehung von energiereichen Teilchen und Röntgenstrahlungsausbrüchen, die mit Sonneneruptionen verbunden sind, von Bedeutung ist. Plasma ist ein starker elektrischer Leiter. Wenn jedoch zu viel Strom durch eine koronale Schleife der Sonne fließt, wird die Struktur beeinträchtigt. Laut Seth Pree entwickelt die Schleife eine Kink-Instabilität, die wie ein Korkenzieher aussieht, und einzelne Stränge beginnen zu brechen. Jeder neu gebrochene Strang entlastet dann die verbliebenen Stränge, indem er seine Spannung auf sie überträgt.

„Wie ein zu straff gespanntes Gummiband wird die Schleife immer länger und dünner, bis die Stränge einfach reißen.“

Das Forschungsteam untersuchte den Prozess mikrosekundenweise und stellte einen negativen Spannungsimpuls fest, der mit einem Röntgenstrahlungsausbruch zum genauen Zeitpunkt des Bruches eines Strangs einherging. Dieser Spannungsimpuls ist vergleichbar mit dem Druckabfall, der sich an einer Verengungsstelle in einem Wasserrohr aufbaut. Das elektrische Feld, das durch diesen Spannungsimpuls entsteht, beschleunigt geladene Teilchen auf extrem hohe Energien. Wenn diese energiereichen Teilchen wieder abgebremst werden, werden Röntgenstrahlen emittiert.

Nature Astronomy, doi: 10.1038/s41550-023-01941-x

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