Thiamethoxam

Neonicotinoid-Pestizide verkleinern Ameisenkolonien

Robert Klatt

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Das Pestizid Thiamethoxam besitzt eine Langzeitwirkung, die die Größe von Ameisenkolonie erst nach einem Jahr reduziert. Es wird dadurch beispielhaft belegt, dass die Auswirkungen von Pestiziden auf die Umwelt kaum abschätzbar sind.

Bern (Schweiz).  Neonicotinoid-Pestizide werden von Umweltschützern wie dem Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU) schon lange kritisiert, weil sie ein starkes Nervengift für Bienen und andere Insekten sind. Die Europäische Union (EU) hat den Einsatz der Mittel Imidacloprid, Clothianidin und Thiamethoxam im April 2018 auf Gewächshäuser beschränkt. Es besteht laut dem NABU jedoch weiterhin eine Gefahr für Insekten, weil die Stoffe über das Abwasser in die Umwelt gelangen können und weil andere Neonicotinoid-Pestizide immer noch legal eingesetzt werden dürfen.

Wissenschaftler der Universität Bern haben nun eine bisher unbekannte negative Wirkung des Neonicotinoids Thiamethoxam nachgewiesen. Laut der im Fachmagazin Communications Biology publizierten Studie führte das Team um Daniel Schläppi Experimente mit 20 Kolonien der schwarzen Gartenameise Lasius und zwei typischen Konzentrationen des Pestizids Thiamethoxam durch. Zehn Kolonien wurden als Kontrollgruppe keinen Pestiziden ausgesetzt. Während der zweijährigen Studie beobachteten die Wissenschaftler die Gesundheit der Tiere und die Entwicklung der Kolonien.

Thiamethoxam reduziert Größe der Kolonien deutlich

Im ersten Jahr konnten die Studienautoren bei den Ameisen nahezu keine Unterschiede durch die Belastung mit Thiamethoxam erkennen. Dies ändert sich im zweiten Jahr aber deutlich. Laut Schläppi „zeigte sich vor der zweiten Überwinterung, dass die dem Neonicotinoid ausgesetzten Kolonien deutlich kleiner waren.“ Die Zahl der Arbeiterinnen ging in Abhängigkeit von der Pestizid-Konzentration im Vergleich zur Kontrollgruppe um mehr als 50 Prozent zurück.

Langzeitwirkung oft schwer erkennbar

Wie die Forscher erklären, „hängen viele Faktoren der Kolonieorganisation und der Produktivität von der Zahl der Arbeiterinnen ab.“ Laut Schläppi „ist eine größere Arbeiterschar ein Konkurrenzvorteil, weil Konflikte zwischen Kolonien gewöhnlich von dem Volk mit der höheren Arbeiterzahl gewonnen werden.“ Überdies erzeugen größere Kolonien mehr fortpflanzungsfähige Tiere und sichern somit ihr Bestehen.

Auch Co-Autor Peter Neumann sieht die „Langzeiteffekte von Neonicotinoid-Insektiziden auf Ameisen als alarmierend, weil die Studie beispielhaft zeigt, wie lange es dauern kann, bis die Auswirkungen solch geringer Rückstände an Agrar-Chemikalien, mit potenziell weitrechenden Konsequenzen, sichtbar werden.“

Insektenrückgang durch Thiamethoxam und Co.

Wie Co-Autor Gaétan Glauser erklärt „kontaminieren Neonicotinoid-Insektizide aufgrund ihrer chemischen Eigenschaften Böden und Grundwasser und können bereits in Gebieten nachgewiesen werden, in denen sie gar nicht eingesetzt werden.“ Die Wissenschaftler sehen Insektizide deshalb auf einen der Hauptgründe für den globalen Insektenrückgang, der auch in Deutschland laut einer kürzlich erschienenen Studie größer ist als angenommen.

Laut Schläppi „ist In den letzten Jahren ein weltweiter Rückgang der Menge und Vielfalt von Insekten zu beobachten. Davon sind auch Ameisen betroffen, die eine unersetzliche Rolle in unseren Ökosystemen spielen und dazu beitragen, unsere natürliche Biodiversität aufrechtzuerhalten.“

Communications Biology, doi: 10.1038/s42003-020-1066-2

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