Robert Klatt
Der Golfstrom ist entscheidend für das milde Klima in Europa. Laut unterschiedlichen Studien könnte der Klimawandel jedoch zeitnah zu einem Zusammenbruch der Meeresströmung führen. Ein neues Modell hat dieses Szenario nun widerlegt.
Exeter (England). Die sogenannte meridionale Umwälzzirkulation (Atlantic Meridional Overturning Circulation, AMOC), zu der der Golfstrom gehört, transportiert warmes Wasser vom Äquator in den Nordatlantik und sorgt in Europa für ein mildes Klima. In den letzten Jahren wurden jedoch mehrere Studien publiziert, laut denen der Golfstrom durch den Klimawandel bereits schwächer geworden sein soll. Forscher der Universität Bern und der Woods Hole Oceanographic Institution (WHOI) konnten diese Studien kürzlich widerlegen und zeigen, dass die Meeresströmung seit Jahrzehnten stabil ist.
Nun haben Wissenschaftler der University of Exeter (UoE) eine Studie publiziert, die untersucht hat, wie sich die Atlantische Umwälzströmung in den kommenden Jahrzehnten bei unterschiedlichen Klimaszenarien entwickeln wird.
„Die AMOC spielt eine entscheidende Rolle bei der Regulierung unseres Klimas. Ohne sie wären die Temperaturen in Nordwesteuropa deutlich kühler.“
Laut der Publikation im Fachmagazin Nature haben die Forscher Modelle erstellt, die simulieren, wie sich der Golfstrom bei höheren Temperaturen und einer Zunahme des Süßwasserzuflusses verhält. Diese zeigen, dass der Golfstrom wahrscheinlich schwächer wird. Komplett einbrechen wird er jedoch laut den Modellen auch im extremsten Szenario, in dem der Zustrom von Schmelzwasser massiv zunimmt und der CO₂-Gehalt in der Atmosphäre viermal so hoch wie aktuell ist, bis 2100 nicht.
Der Zusammenbruch des Golfstroms wird primär durch die thermohaline Zirkulation der Ozeane und den Aufstieg von Tiefenwasser im Südlichen Ozean verhindert. Gemeinsam sorgen diese Prozesse dafür, dass Wasser an die Oberfläche aufsteigt und an einer anderen Stelle Wasser absteigt, was den Golfstrom aufrechterhält.
„Unsere Modellierungsstudie legt nahe, dass die AMOC dem Druck durch steigende globale Temperaturen und den Zufluss von Süßwasser in den Nordatlantik standhalten wird. Das geschwächte System wird dabei größtenteils durch Winde über dem Südlichen Ozean beeinflusst.“
Wie der Klimaforscher Stefan Rahmstorf, der nicht an der Studie beteiligt war, erklärt, würde im extremsten Szenario die Meeresströmung jedoch um bis zu 80 Prozent einbrechen. Obwohl dies kein Kollaps ist, wären die klimatischen Auswirkungen in diesem Fall in Europa hoch.
Nature, doi: 10.1038/s41586-024-08544-0