Robert Klatt
Ein neues Material gewinnt Strom aus dem elektromagnetischen Rauschen, das den Menschen permanent umgibt. In Zukunft könnte das System im Weltraum und in Krisengebieten Sensoren und Co. mit Energie versorgen.
Freiburg (Schweiz). Menschen sind in ihrem Alltag nahezu immer von einem elektromagnetischen Rauschen umgeben, das von Smartphones, Stromleitungen und anderen elektrischen Geräten, aber auch von natürlichen Quellen stammt. Wissenschaftler der Universität Freiburg haben nun ein Material entwickelt, das das elektromagnetische Rauschen effizient in Strom umwandelt.
Laut der Publikation im Fachmagazin Nature Communications besteht das innovative Material aus mehreren, sehr dünnen Folienschichten aus magnetischen Manganiten und supraleitenden Cupraten. Diese Kombination generiert ab einer Temperatur von minus 153 Grad Celsius eine Gleichspannung von mehreren Dutzend Millivolt, also eine Spannung, die ausreichend stark ist, um durch einen externen Stromkreis geleitet zu werden und nutzbare elektrische Energie zu gewinnen.
„Obwohl es keine Batterie, kein Licht und keinen Temperaturgradienten gibt, können wir einen stetigen Stromfluss messen. Das ist ein erstaunliches Ergebnis.“
In der Physik wurden zuvor bereits ähnliche Experimente durchgeführt. Dabei wurden in konventionellen Supraleitern ähnliche Phänomene entdeckt, die aber nur mit einem Magnetfeld und in einem kleinen Temperaturbereich funktioniert haben.
Das neue Material der Universität Freiburg benötigt hingegen kein Magnetfeld und kann Strom in einem deutlich größeren Temperaturbereich gewinnen. Laut den Forschern liegt dies an den elektronischen Ordnungen, die innerhalb der asymmetrischen Struktur ein komplexes Energieumfeld erzeugt. Innerhalb des Materials wandern vom elektromagnetischen Rauschen angeregte Ladungsträger in eine bestimmte Richtung und produzieren dadurch einen Stromfluss. Das System ähnelt der Prozess einer mechanischen Ratsche, die nur in eine Richtung gedreht werden kann.
Laut den Wissenschaftlern könnte das System in Zukunft als Energiequelle für Sensoren, Speicher und andere Technik dienen, die unter kryogenen Bedingungen betrieben werden können.
„Wir hatten nicht erwartet, dass eine solche Stromspannung entstehen und so stabil und reproduzierbar sein würde.“
Das Material könnte zudem als Basis für neue Datenerfassungs- und -speichergeräte dienen, die keine externe Stromversorung brauchen.
„Dies könnte sich beispielsweise bei Raumfahrtmissionen, Quantencomputern und sonstigen Konfigurationen mit begrenzter Stromversorgung als nützlich erweisen.“
Nature Communications, doi: 10.1038/s41467-025-61014-7