Smarte Zukunft

Funkstandards für die Smart Home Technologie

D. Lenz

Funkstandards müssen Geräte mit teils sehr unterschiedlichen Anforderungen verknüpfen. Mit ein Grund dafür, dass noch viele Systeme nebeneinander existieren. )moc.ailotofsuSdnA(Foto: © 

Wenn eine Datenverbindung komfortabel und auch von Laien aufbaubar sein soll, kommt nur Funk infrage. Die Digitalisierung des Eigenheims ist hier der Hauptakteur, der allerdings momentan noch für viel Konfusion unter Verbrauchern sorgt.

(Deutschland). So tiefgreifend die Digitalisierung die Welt auch wandelt, so sehr unterliegt sie doch vielfach einem althergebrachten Prinzip: Erst für die Industrie, dann für den Endverbraucher. Das gilt auch für Funkstandards. Denn was morgen und übermorgen benötigt wird, um Maschinen miteinander zu vernetzen, kann mit den heutigen Standards schon nicht mehr gestemmt werden.

Aus diesem Grund arbeitet man unter anderem am Bremer Technologie-Zentrum Informatik an Lösungen. Das Ziel, Funkverbindungen, die Reaktionszeiten von weit einer Millisekunde ermöglichen. Auch das, was heute in Privathäusern Rollladenmotor, Heizung, Abspielgeräte und Türspion miteinander verbindet, wurde einst in solchen Denkzentren erdacht – und für das Smart Home sind sie mehr als ausreichend. Aber sie alle haben Vor- und Nachteile, deshalb sollen sie nun tiefergehend vorgestellt werden.

Der Grund für die vielen Standards

Heute befinden sich auf dem Markt eine Handvoll große und eine Menge kleinerer Standards. Alle dienen letztendlich nur einem Zweck: Aktionen auszulösen und Reaktionen zurückzumelden. Das gilt für den Innenraumtemperatursensor, der den Rollladenmotor zum Herabfahren animiert, ebenso, wie für zentrale Steuermodule, über die der Benutzer einen Überblick über die Ist-Zustände seiner „schlauen“ Installationen hat.

Stellt sich die Frage, warum es dazu so viele unterschiedliche Standards braucht. Die Antwort ist eine Marktwirtschaftliche:

  1. Hausautomation ist eine vergleichsweise junge Technik, die erst seit wenigen Jahren richtig Fahrt aufnimmt.
  2. Viele Unternehmen wollen Produkte verkaufen, wollen den Benutzer dazu animieren, nur auf ihre Produkte zu setzen. Am einfachsten geht das durch proprietäre Funkstandards.
  3. Nicht jede smarte Anwendung hat die gleichen Anforderungen. Für einfache Sensor-Aktor-Verbindungen genügt ein Signalpuls. Andere Anwendungen indes müssen größere Datenvolumina übertragen. Etwa dann, wen die Übertragung von Bild und/oder Ton ins Spiel kommt.
  4. Der Stromverbrauch muss beachtet werden und soll natürlich möglichst niedrig sein.

Aus all diesen Punkten, die noch durch Sicherheit, erweiterte Funktionen usw. ergänzt werden, ergibt sich ein Bild: Es ist nur ein logischer Zustand, dass es so viele Standards gibt. Allerdings findet derzeit ein starker Ausdünnungsprozess statt, der dazu führte, dass momentan (September 2018) einige „Sieger“ herauskristallisieren.

1. ZigBee

2002 gründeten mehrere Hersteller die ZigBee-Alliance. Mittlerweile ist dieser Verbund auf über 200 Mitglieder angewachsen. Der dahinterstehende Funkstandard wurde von Anfang an mit einem besonders niedrigen Energieverbrauch im Hinterkopf entwickelt, was auch nach wie vor die große Stärke des Systems ist.

Anfangs noch ein proprietäres System, ist die ZigBee-Architektur mittlerweile offen, sodass sie mit anderen Systemen interagieren kann. Hier sei besonders der Standard EnOcean hervorgehoben. Auf der technischen Seite arbeitet ZigBee in Europa auf 2,4GHz mit einer Datenrate von maximal 250kbit/s sowie 868MHz und einer maximalen Rate von 20kbit/s.

Als Vorteil wird unter anderem angesehen, dass sich ZigBee-Endgeräte relativ einfach in eine Mesh-Umgebung zusammenschließen lassen. Allerdings kritisiert die TU Dresden auch die Tatsache, dass der Standard für viele Anwendungen zu komplex sei und vor allem, dass durch die Verwendung unterschiedlicher Protokolle ältere Geräte nicht miteinander kommunizieren konnten – das ist zwar bei ZigBee 3.0 abgestellt, führte aber notwendigerweise dazu, dass keine Abwärtskompatibilität vorhanden ist.

2. KNX-RF

KNX-RF (RF = Radio Frequency) ist eine auf Funk umgelegte Weiterentwicklung des schon seit 2002 existierenden, kabelbasierten KNX-Busses. Das ist deshalb schon ein Vorteil, weil KNX mittlerweile von mehr als 400 Firmen unterstützt wird und sich der Standard dementsprechend auch im Funkbereich für eine sehr große Bandbreite an Aufgaben eignet, die zudem vom Benutzer nicht erfordern, sich auf einen Hersteller festzulegen. Einfache Sensor-Aktor-Handlungen sind hiermit ebenso möglich wie das Übertragen größerer Datenmengen bis hinauf zu Bild- und Ton-Anwendungen, wie etwa Gegensprechanlagen.

Eine enorme Stärke ist, dass KNX von Anfang an für die Gebäudeautomation entworfen wurde. Das schlägt sich darin nieder, dass das System kein Problem mit haustypischen Distanzen und Widerständen (etwa durch Wände) hat. Es funkt auf einer Frequenz von 868MHz mit einer Datenrate von 16,4kbit/s. Für den Verbraucher interessant ist zudem, dass KNX-RF von vielen Experten die größten Chancen eingeräumt werden, sich mittel- bis langfristig zum dominierenden Funkstandard zu entwickeln.

3. EnOcean

EnOcean ist in diesem Reigen ein noch vergleichsweise junger Standard, der erst 2012 präsentiert wurde. Anders als bei anderen Standards war es hierbei jedoch nie das Ziel, Konkurrent zu sein.

Die Stärke von EnOcean liegt darin, dass es für einfachste Anwendungen konzipiert wurde, die ohne eigene Stromversorgung nach dem Prinzip des Energy Harvesting funktionieren – unter anderem einmal mehr ein Feld, in der die immer wieder als überraschend vielfältig entpuppende Piezoelektrik brillieren kann.

Sinn und Zweck des auf 868MHz mit maximal 125kbit/s übertragenden Standards ist es, einfache Befehle weiterzuleiten – Lichtschalter, Rauchmelder und dergleichen. Um die Verbreitung zu maximieren, ist EnOcean vor allem mit ZigBee kompatibel, eine weitere Kompatibilität besteht zu RNX. Allerdings muss klar sein, dass dieses System eine Nischenanwendung ist. Dazu sind die Reichweiten zu gering. Als energiesparende Ergänzung für Schalter und Co. funktioniert sie jedoch sehr gut.

4. Z-Wave

Am Beispiel Z-Wave zeigt sich sehr schön die Krux der vielen nebeneinander existierenden Funkstandards. Auch hier handelt es sich um ein auf 868MHz arbeitendes Mesh-System, das maximal 100kbit/s übertragen kann – nichts Außergewöhnliches also.

Allerdings kann Z-Wave für sich in Anspruch nehmen, unter dem Dach der Z-Wave-Alliance ebenfalls gut 300 Hersteller zusammengebracht zu haben. Kein Wunder, der Standard existiert ebenfalls schon seit 2001. Zudem existiert hier der Zwang, dass sämtliche Geräte, die neu hinzugefügt werden, von der Allianz lizensiert werden müssen, um eine übergreifende Konnektivität zu gewährleisten.

Insbesondere deshalb, weil Z-Wave dem ansonsten recht ähnlichen ZigBee durch diese sehr gut funktionierende Konnektivität den Rang abläuft, sehen hier Experten ebenfalls (nach KNX-RF allerdings) die hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Standard auch in Zukunft noch eine große Rolle spielen wird.

Sonderfall WLAN

Man nehme einen Funkstandard, der allein in Deutschland eine Penetrationsrate von rund ¾ aller Haushalte hat. Die eine gute Reichweite mit einer sehr hohen möglichen Datenrate verknüpft und stelle sich dann die Frage, warum nicht einfach von Anfang an auf WLAN gesetzt wurde?

Die Antwort hat mehrere Facetten. Denn Verbreitung ist oft sogar kontraproduktiv.

  • WLAN hat im Vergleich zu allen anderen präsentierten Standards einen enormen Energieverbrauch. Das macht ihn für kleine Geräte unpraktisch, weil immer Batterien verbaut werden müssen – die zudem regelmäßigen Austausch verlangen.
  • Die Leistung des WLAN ist für viele smarte Anwendungen schlicht Overkill. Die je nach WLAN-Standard mögliche Datenrate von bis zu 300Mbit/s ist zwar für Bewegtbild- und Tonübertragungen hervorragend, wird aber für einfachere Signale schlicht nicht benötigt.
  • WLAN verbindet ein Gerät beinahe zwangsläufig mit dem Internet. Das ist bei anderen Systemen nicht zwangsweise der Fall. Das kann bei sicherheitsrelevanten Systemen durchaus auch ein Problem sein.
  • Schon aufgrund des Frequenzbereiches von 2,4GHz können andere Funkstandards schlecht mit WLAN kommunizieren.

Ein selten beachteter Fakt ist zudem, dass die WLAN-Frequenzbereiche gerade in urbanen Gebieten schnell ausgereizt sind. In diesem Fall sind Überschneidungen sehr leicht möglich, welche ihrerseits wiederum zu Interferenzen, Reichweiten- und Stabilitätsproblemen führen können.

Unter dem Strich: WLAN ist zwar ein guter Funkstandard, wenn es um große Datenmengen geht. Um Smart-Home-Anwendungen miteinander zu verbinden, ist er jedoch keine gute Wahl.

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