Langzeitstudie Medienvertrauen

Vertrauen in Medien in Deutschland ist gesunken

Robert Klatt

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Auf den Punkt gebracht
  • In Deutschland vertrauen 49 Prozent der Menschen den Medien „eher“ oder „voll und ganz“
  • Das Vertrauen ist also leicht gesunken. Die Behauptung eines dramatischen Vertrauensverlustes trifft aber nicht zu

In Deutschland ist das Vertrauen in die Medien leicht gesunken. Es liegt aber noch auf einem höheren Niveau als vor Covid-19. Das glaubwürdigste Medium ist weiterhin das Fernsehen.

Mainz, Düsseldorf (Deutschland). Laut einer Studie (PDF) des Instituts für Publizistik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und des Instituts für Sozialwissenschaften der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) mit Unterstützung der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) ist das Vertrauen der Deutschen in die Medien im Jahr 2022 leicht gesunken. Es befindet sich laut der Langzeitstudie „Medienvertrauen“ aber auf einem höheren Niveau als vor der Covid-19-Pandemie.

Knapp die Hälfte der Deutschen (49 %) stimmt der Aussage, dass man den Medien bei wirklich wichtigen Dingen vertrauen könnte, „eher“ oder „voll und ganz“ zu. Während der Covid-19-Pandemie lag der Spitzenwert im Jahr 2020 bei 56 Prozent. Vor Covid-19 schwankte die Zustimmung zwischen 41 und 44 Prozent.

Medienvertrauen nur leicht gesunken

Insgesamt zeigt sich gemäß den Forschungsergebnissen eine Vertrauensbasis in die Medien, die über dem vorherrschenden Niveau vor Ausbruch der Pandemie liegt. Lediglich 17 Prozent (2020: 16 Prozent) der Befragten gaben an, den Medien „eher nicht“ oder „gar nicht“ zu vertrauen, während 39 Prozent eine neutrale Haltung einnahmen und „teils, teils“ äußerten (2020: 38 Prozent).

Im Vergleich dazu verzeichneten die Zeiträume vor der Pandemie einen Vertrauensmangel von 19 bis 27 Prozent, bei denen die Befragten angaben, den Medien „eher“ oder „überhaupt nicht“ zu vertrauen. Die Wissenschaftler schlussfolgern, dass die während der Pandemie und des Ukrainekriegs vielerorts aufkommende Behauptung eines dramatischen Vertrauensverlustes in die Medien hierdurch keine Bestätigung findet.

Hohes Vertrauen in öffentlich-rechtliches Fernsehen

Trotz der traditionell hohen Vertrauenswerte, die der öffentlich-rechtliche Rundfunk genießt, ist aktuell ein Rückgang zu verzeichnen. Derzeit erachten 62 Prozent der deutschen Bevölkerung das öffentlich-rechtliche Fernsehen als vertrauenswürdig, während es im Pandemiejahr 2020 noch 70 Prozent waren. In den Jahren 2016 bis 2019 variierte dieser Wert zwischen 65 und 72 Prozent.

Mit einem Vertrauensindex von 62 Prozent rangiert das öffentlich-rechtliche Fernsehen an der Spitze der glaubwürdigen Medienarten, gefolgt von lokalen und regionalen Zeitungen (60 Prozent) sowie überregionalen Zeitungen (55 Prozent). Der Abstand zu Informationsdiensten privater Fernsehsender (21 Prozent) und Boulevardzeitungen (4 Prozent) ist deutlicher. Wie in früheren Jahren betrachten nur wenige Personen Videoportale (7 Prozent) oder soziale Netzwerke im Internet (5 Prozent) als vertrauenswürdige Informationsquellen.

Der im Laufe der Zeit abnehmende Wert für das öffentlich-rechtliche Fernsehen deutet darauf hin, dass neben strukturellen Faktoren, wie einer Veränderung im Medienkonsum, auch Skandale um einzelne Sendeanstalten in den letzten Monaten Einfluss hatten. Eine knappe Mehrheit von 51 Prozent gab an, sie seien „viel“ oder „sehr viel“ über die jüngsten Probleme und Skandale im öffentlich-rechtlichen Rundfunk informiert worden.

Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nötig

Die Mehrheit der Befragten sieht Reformbedarf im öffentlich-rechtlichen Rundfunk: 40 Prozent stimmten der These zu, dass er zu groß und bürokratisch sei (21 Prozent lehnten dies ab, 30 Prozent äußerten eine gemischte Meinung). Vergleichbare Zustimmungswerte ergaben sich für die Behauptungen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk Geld verschwenderisch einsetze (38 Prozent Zustimmung, 25 Prozent Ablehnung, 28 Prozent gemischte Meinung) und zu stark mit der Politik verknüpft sei (37 Prozent Zustimmung, 27 Prozent Ablehnung, 31 Prozent gemischte Meinung).

 Trotz solcher Kritikpunkte bleibt die grundsätzliche Unterstützung erhalten: 72 Prozent stimmten zu, dass die Informationsdienste des öffentlich-rechtlichen Rundfunks von Bedeutung sind (9 Prozent lehnten dies ab, 18 Prozent äußerten eine gemischte Meinung). Überdies stimmten 62 Prozent der These zu, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk einen bedeutenden Beitrag zur Demokratie leistet (13 Prozent lehnten dies ab, 23 Prozent äußerten eine gemischte Meinung).

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