Robert Klatt
Jugendliche, die Cannabis konsumieren, haben ein 11-mal höheres Risiko dafür, eine psychotische Störung zu entwickeln. Mitverantwortlich dafür ist der immer höhere THC-Gehalt.
Toronto (Kanada). Eine longitudinale Untersuchung der University of Bristol hat kürzlich belegt, dass potenten Cannabissorten mit einer hohen Konzentration des Cannabinoids Tetrahydrocannabinol (THC) das Psychoserisiko bei jungen Erwachsenen deutlich erhöhen. Forscher der University of Toronto, des Centre for Addiction and Mental Health (CAMH) und des Institute for Clinical Evaluative Sciences (IC/ES) haben nun eine Studie publiziert, laut der der Zusammenhang zwischen Cannabis und psychotischen Störungen noch stärker sein könnte, als die Forschung bisher angenommen hat.
Laut der Publikation im Fachmagazin Psychological Medicine haben die Forscher um André McDonald für ihre Studie aktuelle Umfragedaten von mehr als 11.000 Jugendlichen in Ontario mit Gesundheitsdaten, darunter auch Krankenhausaufenthalte und ambulante Behandlungen verknüpft. Die Aktualität der Daten ist laut ihnen essenziell, weil viele Studien auf Daten aus den 1980er-Jahren basieren, wo der durchschnittliche THC-Gehalt von Cannabis in Kanada bei nur einem Prozent lag, während er inzwischen bei etwa 20 Prozent liegt.
Die analysierten Daten zeigen, dass etwa fünf von sechs Jugendlichen, die wegen einer psychotischen Störung ins Krankenhaus eingeliefert oder in der Notaufnahme behandelt wurden, zuvor die Droge konsumieren haben. Jugendliche, die Cannabis konsumieren, haben demnach ein etwa 11-mal höheres Risiko dafür, eine psychotische Störung zu entwickeln, verglichen mit Teenagern, die kein Cannabis konsumieren.
„Wir haben einen sehr starken Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum und dem Risiko einer psychotischen Störung im Jugendalter gefunden. Überraschenderweise haben wir keinen Hinweis auf einen Zusammenhang im jungen Erwachsenenalter gefunden. Diese Ergebnisse sind konsistent mit der Theorie, dass Jugendliche besonders anfällig für die Auswirkungen von Cannabis sind.“
Der Wissenschaftler erklärt zudem, dass ein Großteil der jugendlichen Cannabiskonsumenten keine Psychose entwickelt. Die Daten zeigen aber, dass die meisten Jugendlichen, bei denen eine psychotische Störung diagnostiziert wird, zuvor Cannabis konsumieren haben.
Laut den Autoren kann eine umgekehrte Kausalität überdies nicht ausgeschlossen werden. Es ist demnach denkbar, dass Jugendliche mit psychotischen Symptomen Cannabis als „Medikament“ nutzen, bevor ihre psychotische Störung durch einen Arzt diagnostiziert wurde. Auch weitere Einflussfaktoren wie die Genetik hat die Studie nicht berücksichtigt. Es ist deshalb nicht möglich, kausal zu belegen, dass Cannabiskonsum im Jugendalter das Psychoserisiko erhöht, obwohl die Daten der Studie und anderer Studien deutlich darauf hindeuten.
Psychological Medicine, doi: 10.1017/S0033291724000990