Verständlichkeitsindex

Bundestagsreden sind leichter verständlich als angenommen

Robert Klatt

Deutscher Bundestag in Berlin )kcotS ebodAdlobI-dnu-tremmuM(Foto: © 

Reden im Bundestag gelten oft als schwer verständlich. Der Hohenheimer Verständlichkeitsindex zeigt nun, ob dies wirklich zutrifft.

Stuttgart (Deutschland). In Deutschland gehen viele Menschen davon aus, dass Reden im Bundestag für die Allgemeinbevölkerung kaum verständlich sind. Forscher der Universität Hohenheim um den Kommunikationswissenschaftler Frank Brettschneider haben nun eine Studie publiziert, die die formale Verständlichkeit von knapp 100 Bundestagsreden zur Haushaltsdebatte aus dem Zeitraum vom 05.08.2023 bis zum 05.09.2023 analysiert hat.

Zur Bewertung der Reden nutzten die Forscher den selbstentwickelten „Hohenheimer Verständlichkeitsindex“, der es ermöglicht, die formale Verständlichkeit von Texten und Reden anhand objektiver Kriterien zu messen. Zu den Faktoren gehören unter anderem die Satzlänge, die Wortlänge, die Anzahl abstrakter Wörter und das Vorhandensein von komplexen Schachtelsätzen. Reden und Texte werden auf einer Skala von 0 (schwer verständlich) bis 20 (leicht verständlich) bewertet.

Verständlichste Rede von Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger

Laut dem Hohenheimer Verständlichkeitsindex hat die Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) im Untersuchungszeitraum die formal verständlichste Rede gehalten. Auf dem zweiten Platz liegt Jens Spahn (CDU) und den dritten Platz teilen sich Gesine Lötzsch (Linke), Victor Perli (Linke), Reinhard Brandl (CDU) und Sepp Müller (CDU).

Die formal am schlechtesten zu verstehenden Reden haben Claudia Raffelhüschen (FDP) und Agnieszka Brugger (Grüne) gehalten. Besonders die hohe Satzlänge, die im Mittel doppelt so lang war wie bei Stark-Watzinger, hat ihre Verständlichkeit deutlich reduziert.

Verständlichkeitsniveau der Reden im Bundestag

Insgesamt ist das Verständlichkeitsniveau der Reden im Bundestag laut den Wissenschaftler gut. Knapp drei Viertel (70 %) der Reden erreichte zumindest das Niveau von Vorstandsvorsitzenden von DAX-Konzernen.

„Im Schnitt sind die Haushaltsreden etwas verständlicher als die Reden der Vorstandsvorsitzenden auf den Jahreshauptversammlungen der DAX-40-Unternehmen. Dennoch ist bei einigen noch Luft nach oben.“

Fast ein Drittel der Bundestagsreden (30 %) lag jedoch unter dem Verständlichkeitsniveau der Vorstandsvorsitzenden aus der Wirtschaft. Dies lag primär an Fachwörtern, Fremdwörtern, Wortkomposita, Nominalisierungen, Anglizismen und Denglisch.

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