Robert Klatt
Ein neues superhygroskopisches Gel kann in Wüsten große Wassermengen aus der Luft gewinnen. In Zukunft soll ein Wassererntesystem auf Basis des Gels Menschen in trockenen Regionen mit Trinkwasser versorgen.
Shanghai (China). Etwa ein Drittel der Weltbevölkerung lebt bereits in Regionen mit starker Wasserknappheit. Laut der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) wird der Anteil in den kommenden Jahren signifikant zunehmen. Die Wissenschaft arbeitet deshalb an neuen Techniken zur Gewinnung von Trickwasser. Forscher der Universität Wien haben etwa kürzlich ein neues Material entwickelt, das in Wüsten Wasser aus der Luft saugen kann.
Forscher der Shanghai Jiao Tong University (SJTU) um Ruzhu Wang haben im Fachmagazin Applied Physics Reviews nun eine solarbetriebene Technologie zur atmosphärischen Wassergewinnung vorgestellt, die speziell für sonnige Regionen, in denen typischerweise kaum sauberes Trinkwasser vorhanden ist, konzipiert wurde.
„Diese Technologie zur atmosphärischen Wassergewinnung kann genutzt werden, um den täglichen Bedarf an Wasser zu decken, wie Trinkwasser für den Haushalt, Industriewasser und Wasser für die persönliche Hygiene.“
Unterschiedliche Forschungsansätze zur Wassergewinnung in Wüstengegenden basierten meistens auf Hydrogelen, die mit Salz injiziert wurden. Der Salzausfälleffekt sorgte jedoch dafür, dass Quellfähigkeit des Hydrogels abnahm. Die daraus resultierenden Salzverluste reduzierten die Wasseraufnahmefähigkeit deutlich. Das Team um Wang hat deshalb ein innovatives superhygroskopisches Gel mit Pflanzenbestandteilen und hygroskopischen Salzen entwickelt, das laut Experiemten eine hohe Wassermenge aufnehmen und speichern kann.
„Wir waren beeindruckt, dass selbst bei der Injektion von bis zu 5 Gramm Salz in 1 Gramm Polymer das resultierende Gel gute Quell- und Salzeinfang-Eigenschaften beibehielt.“
Ein Kilogramm trockenes Gel konnte in trockenen atmosphärischen Umgebungen 1,18 Kilogramm Wasser und in feuchten atmosphärischen Umgebungen bis zu 6,4 Kilogramm Wasser adsorbieren. Überdies ist die Herstellung des Gels einfach und günstig. Es eignet sich damit auch für den industriellen Einsatz.
Die Forscher haben zudem auf Basis des Hydrogels einen Prototyp des Wassererntesystems mit Desorptions- und Kondensationskammern gebaut. Dank eines Lüfters in der Kondensationskammer kann das aus der Luft absorbierte Wasser zu über 90 Prozent aus dem Gel zurückgewonnen werden.
Bei einer Demonstration des Prototyps im Freien stellte das Team fest, dass es das adsorbierte Wasser sogar am Morgen oder Nachmittag freisetzte, wenn die Sonne schwach war. Das System konnte auch während des Tages gleichzeitig adsorbieren und desorbieren.
In Zukunft möchten die Forscher die Effizienz des Wassererntesystems durch den Einsatz erneuerbarer Energien verbessern. Ziel ist es, die Adsorption und Desorption von Wasser gleichzeitig zu ermöglichen und so die tägliche Wasserausbeute pro eingesetztem Adsorptionsmittel zu erhöhen.
Ansonsten könnten die verwendeten Materialien, die Wasser aus der Atmosphäre gewinnen, zukünftig auch in anderen Bereichen eine wichtige Rolle spielen. Dazu zählen die Entfeuchtung, die Bewässerung in der Landwirtschaft sowie das thermische Management bei elektronischen Geräten.
Applied Physics Reviews, doi: 10.1063/5.0160682
