Lichtwellenmuster

Spezielle Lichtwellen durchdringen undurchsichtige Materialien

Robert Klatt

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Streuungs-invariante Lichtmoden übertragen komplexe optische Informationen selbst durch ein unsichtbares Streumedium wie Zinkoxid.

Wien (Österreich). Viele Materialien wie zum Beispiel Milch erscheinen undurchsichtig, weil das einfallende Licht durch ihre ungeordnete Struktur stark gebrochen, gestreut und abgelenkt wird. Der Lichtstrahl wird dadurch so verändert, dass ein Großteil des Lichts nicht die andere Seite erreicht. Einigen sogenannten ballistischen Photonen gelingt diese Passage zwar, sie sind aber so selten, dass sie in der Praxis nicht genutzt werden können.

Wissenschaftler der Universität Utrecht und der Technische Universität Wien haben nun Lichtstrahlen so modifiziert, dass sie auch stark streuende Materialien passieren können. Dies ist laut ihrer Publikation im Fachmagazin Nature Photonics möglich, weil das Team um Pritam Pai zuvor ermittelt hat, wie unterschiedliche Materialien verschiedene Wellenformen des Lichts brechen. „Jedes dieser Lichtwellenmuster wird auf ganz bestimmte Weise verändert und abgelenkt, wenn man es durch ein ungeordnetes Medium schickt“, erklärt Stefan Rotter.

Wellenlänge und Wellenform des Lichts

In ihren Experimenten nutzten die Physiker als undurchsichtiges Testmaterial eine Schicht weißes Zinkoxidpulver, die sich mit unterschiedlichen Lichtwellenmustern durchleuchteten. Ein Detektor hinter der Schicht dokumentiert, wie viel Licht das Objekt durchdringt. „Die Art, wie eine Lichtwelle ein Objekt durchdringt, hängt eben nicht nur von der Wellenlänge ab, sondern auch von der Wellenform“, sagt Matthias Kühmayer.

Wellenmuster durchdringen Zinkoxidschicht

Auf Basis dieser Messungen konnten die Wissenschaftler anschließend berechnen, welche Wellenmuster die Zinkoxidschicht so durchdringen können, als wäre dabei keinerlei Wellenstreuung vorhanden. „Wie wir zeigen konnten, gibt es eine ganz spezielle Klasse von Lichtwellen, die sogenannten streuungs-invarianten Lichtmoden, die am Detektor genau dasselbe Wellenmuster erzeugen, egal ob die Lichtwelle nur durch Luft geschickt wurde oder ob sie die komplizierte Zinkoxidschicht durchdringen musste“, erklärt Rotter.

Im Vergleich zu normalen Lichtformen existieren solche streuungs-invarianten Lichtmoden zwar nur selten, gezielte Messungen und mathematische Modelle ermögliche es aber, für fast jedes Material die passenden Moden zu ermitteln. Eine Kombination aus unterschiedlichen dieser streuungs-invarianten Lichtmoden ermöglicht es somit, eine Wellenform des Lichts zu erschaffen, die sogar komplexe optische Informationen durch ein Streumedium übertragen kann.

Bild durch undurchsichtiges Material übertragen

„Wir haben uns im Experiment für das Beispiel eines Sternbilds entschieden – den großen Wagen. Tatsächlich ließ sich eine streuungs-invariante Welle ermitteln, die ein Bild vom großen Wagen zum Detektor schickt – und zwar unabhängig davon, ob die Lichtwelle von der Zinkoxidschicht gestreut wird oder nicht“, erklärt Jeroen Bosch.

Trotz der undurchsichtigen Zinkoxidschicht konnten die Wissenschaftler also das typische Muster des Sternbilds auf dem Detektor abbilden. „Im Experiment sehen wir, dass durch das Zinkoxid die Form dieser Lichtwellen tatsächlich nicht verändert wird – sie werden nur insgesamt ein wenig schwächer“, sagt Allard Mosk.

Blick in das Innere von Zellen

Laut den Physikern eignet sich ihre Methode nicht nur zur Übertragung optischer Informationen durch eigentlich undurchsichtige Materialien, sondern auch zur Entwicklung neuer bildgebender Verfahren, die die Medizin anwenden können. Es wäre demnach unter anderem möglich in biologischen Experimenten in das Innere von Zellen zu schauen, wenn Licht mit der neuen Methode an einen bestimmten Punkt gebracht wird.

„Die bemerkenswerten Eigenschaften der streuungs-invarianten Lichtmoden liefern uns ein attraktives Set von Werkzeugen sowohl für die Grundlagenforschung als auch für Anwendungen der Bildgebung“, konstatieren die Forscher.

Nature Photonics, doi: 10.1038/s41566-021-00789-9

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