Laserexperiment zeigt:

Licht kann einen sichtbaren Schatten werfen

 Robert Klatt

Ein feiner Schatten, erzeugt durch einen Laserstrahl, zeichnet sich auf dem blau beleuchteten Kristall ab )(awattOu) awattO fo ytisrevinUneednuL ,dyoB ,irafaS ,égaP ,niroM ,oaharbA(Foto: © 

Lichtstrahlen interagieren unter normalen Bedingungen nicht miteinander. Forscher haben nun erstmals enthüllt, dass Licht trotzdem einen sichtbaren Schatten werfen kann. In der Physik galt dies bisher als unmöglich.

Ottawa (Kanada). Licht bildet in der Physik eine besondere Ausnahme, weil es gleichzeitig aus Teilchen besteht und eine Strahlung ist. Die Teilchen des Lichts besitzen keine Ladung und keine Masse und wechselwirken nicht untereinander, aber mit Materie. Wenn sich zwei Lichtstrahlen unter normalen Bedingungen kreuzen, lenken diese sich nicht ab, bremsen sich nicht und blockieren sich nicht.

Forscher der University of Ottawa (uOttawa) haben nun trotz der ungewöhnlichen Eigenschaften des Lichts ein Phänomen beobachtet, bei dem zwei Laserstrahlen so interagieren, dass ein Laserstrahl einen sichtbaren Schatten im anderen Laserstrahl hinterlässt.

„Er nimmt die Form des ‚Objekts‘ – in diesem Fall des Laserstrahls – an und passt sich sogar den Konturen der Oberflächen an, auf die er fällt, genauso wie der Schatten eines Baumzweigs es tun würde.“

Laut der Publikation im Fachmagazin Optica erscheint der Schatten im Experiment als dunkle Linie auf der Oberfläche eines Kristalls.

„Dieser Laserschatten erfüllt dabei sechs eindeutige Kriterien, die normale Schatten von anderen, oberflächlich ähnlich aussehenden Phänomenen unterscheiden.“

In dem Experiment hat sich der Lichtschatten verhalten wie normale Schatten, war also unter anderem beweglich und konnte durch einen dünnen runden Stab in seiner Form verändert werden.

„Dieser aller Intuition widersprechende optische Effekt legt nahe, dass wir unsere Vorstellung vom Wesen eines Schattens revidieren müssen – unter den richtigen Umständen kann selbst ein Laserstrahl einen Schatten werfen.“

Keine besonderen Materialien oder Geräte

Neben dem ersten Nachweis eines Lichtschattens, der bisher in der Physik als unmögliches Phänomen galt, zeigt die Publikation zudem, dass der Schatteneffekt ohne besonderen Materialien oder Geräte erzeugt werden kann. Es sind lediglich ein Rubinkristall und zwei Laser erforderlich. Als Beleuchtung wurde in dem Experiment ein blauer Laser mit Nanometer Wellenlänge auf den würfelförmigen Rubinkristall gerichtet. Dieser Laser wurde mit einem grünen Laser mit Nanometer Wellenlänge gekreuzt. Das durch den Kristall scheinende Licht haben die Forscher mit einer Kamera aufgezeichnet und auf Papier projiziert.

Sie konnten so eine klare Schattenspur erzeugen, deren Form, Breite und Position der Bahn des grünen Laserstahls durch den Rubinkristall exakt entspricht. In weiteren Experimenten konnten die Physiker belegen, dass der Schatten zunimmt, wenn die Intensität des grünen Lasers höher ist. Im Optimalfall hat der Schatten rund 22 Prozent des einfallenden Lichts geschluckt.

Nichtlinearer optischer Effekt im Kristall

Die Wissenschaftler erklären, dass der Lichtschatten durch einen nichtlinearen optischen Effekt im Rubinkristall entsteht. Der grüne Laserstrahl regt dabei die Elektronen des Rubinkristalls an und erhöht dabei deren Energieniveau. Anschließend interagiert der blaue Laserstrahl mit den Quasiteilchen, die der grüne Laserstrahl zuvor im Atomgitter entstehen lassen hat.

„Streng genommen ist es daher nicht das masselose Licht, das diesen Schatten erzeugt, sondern sein materielles Gegenstück, das Polariton.“

Polaritonen sind im Gegensatz zu anderen Quasiteilchen keine Materieteilchen, sondern haben ähnliche physikalische Eigenschaften wie Photonen, die eine virtuelle Masse durch die Kopplung an angeregte Kristallgitter erhalten. Die Polaritonen können dadurch mit dem blauen Licht interagieren.

„Diese Entdeckung erweitert unser Verständnis der Interaktion von Licht und Materie. Gleichzeitig eröffnet sie die Möglichkeit, Licht auf ganz neue Art zu nutzen.“

Optica, doi: 10.1364/OPTICA.534596

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