Quantenbits getunnelt

Erstmals Wurmloch im Quantencomputer erschaffen

Robert Klatt

Wurmloch in einem Quantencomputer (Symbolbild) )kcotS ebodA9tsor(Foto: © 
Auf den Punkt gebracht
  • Physiker haben erstmals in einem Quantencomputer von Google ein Wurmloch erschaffen und Quantenbits durch eine solche Singularität getunnelt
  • Das Experiment beweist, dass eine quantenphysikalische Verschränkung von zwei SYK-Systemen einer passierbaren Einstein-Rosen-Brücke entspricht
  • In Zukunft sollen komplexe Wurmlöcher Antworten auf fundamentale Fragen der Physiker liefern, etwa wie die Gravitation als Raumzeitkrümmung mit der Quanten- und Teilchenphysik zusammenpasst

Physiker haben erstmals in einem Quantencomputer ein Wurmloch erschaffen und Quantenbits durch eine solche Singularität getunnelt. Das Experiment soll in Antworten auf fundamentale Fragen der Physik liefern.

Pasadena (U.S.A.). Albert Einstein und Nathan Rosen postulierten bereits 1935, dass ein Schwarzes Loch tunnelartige Verbindungen zwischen unterschiedlichen Orten der Raumzeit bilden könnte. In der Physik gelten Wurmlöcher seitdem als Brücken durch Raum und Zeit. Aufgrund der extremen Gravitationszustände ist es aber umstritten, ob eine Einstein-Rosen-Brücke tatsächlich passierbar wäre.

Inzwischen wurde das Konzept des Wurmlochs um eine quantenphysikalische Erweiterung ergänzt, laut der die Einstein-Rosen-Brücke einer quantenphysikalischen Verschränkung an beiden Enden der tunnelartigen Verbindung entspricht. Basierend auf dem aktuellen Konzept, das erstmals die Einstein’sche Gravitation mit der Quantenteleportation verbindet, könnte ein Wurmloch also unter bestimmten Bedingungen passierbar sein.

Wurmloch im Quantencomputer untersucht

Wissenschaftler des California Institute of Technology (Caltech) und der Harvard University haben nun das bisher nur theoretisch vorhandene Konzept eines Wurmlochs mit der Teleportation erstmals experimentell untersucht. Wie Daniel Jafferis erklärt, haben sie dazu ein Wurmloch in einem Quantencomputer erschaffen.

„Wir haben ein Quantensystem gefunden, das die Schlüsselmerkmale eines gravitativen Wurmlochs zeigt, aber trotzdem klein genug ist, um in heute existierender Quanten-Hardware umgesetzt zu werden.“

Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Nature diente ein Quantensystem, das die Merkmale eines typischen Wurmlochs in ein Quantenmodell umwandelt, als Basis des Experiments. Jafferis belegte bereits 2019 theoretisch, dass eine quantenphysikalische Verschränkung von zwei dieser SYK-Systeme einer passierbaren Einstein-Rosen-Brücke, entsprechen.

Physikalische Schlüsselmerkmale eines passierbaren Wurmlochs

Mithilfe einer Künstlichen Intelligenz (KI) vereinfachten die Physiker das Modell so stark, dass es im Sycamore-Quantencomputer von Google simuliert werden konnte. Um die beiden verschränkten SYK-Systeme zu realisieren, nutzten die Forscher einen Schaltkreis aus neun Quantenbits.

„Trotz seiner approximativen Natur umfasst dieses vereinfachte SYK-Modell die physikalischen Schlüsselmerkmale eines passierbaren Wurmlochs.“

Im Experiment gelang es den Forscher, durch ein Ende des quantenphysikalischen Wurmlochs Qubit zu senden. Dieses kam am anderen Ende ohne Schäden intakt wieder heraus.

„Wir haben auch die Reihenfolge inspiziert, in der einfallende Partikel wieder aus dem Wurmloch herauskamen.“

Antworten auf fundamentale Fragen der Physik

Laut den Autoren bildet die Studie die Basis für weitere quantenphysikalischen Tests, die einige der fundamentalen Fragen der Physik beantworten könnten. Zu den noch offenen Fragen gehört etwa, wie die Gravitation als Raumzeitkrümmung mit der Quanten- und Teilchenphysik zusammenpassen kann.

„Der Zusammenhang zwischen der Quantenverschränkung, der Raumzeit und der Quantengravitation ist eine der wichtigsten Fragen der Grundlagenphysik. Wir sind begeistert, mit diesem Experiment einen ersten kleinen Schritt zur Überprüfung dieser Ideen mithilfe von Quanten-Hardware machen zu können. Sie ist der Einstieg zu umfassenderen Experimenten, durch die wir das Konzept der Quantengravitation mithilfe von Quantencomputern überprüfen wollen.“

Aktuell arbeiten die Wissenschaftler an neuen Methoden, mit denen auch komplexere Wurmloch-Modelle in Quantencomputern abgebildet werden können.

Nature, doi: 10.1038/s41586-022-05424-3

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