Große Einkommensspanne

Übersetzer: Hochqualifizierte Arbeit mit prekärer Bezahlung?

Robert Klatt

Übersetzer erzielen in Deutschland oft geringe Einkommen )moc.yabaxipsotohP-eerF(Foto: © 

Deutsche Übersetzer erzielen im europäischen Vergleich sehr geringe Einkommen und leben deshalb trotz ihrer anspruchsvollen Arbeit oft am Existenzminimum.

Berlin (Deutschland). Übersetzungen werden zwar zunehmend auch mithilfe von Künstlicher Intelligenz erstellt, hochqualifizierte Fachübersetzer sind aber weiterhin nötig, um alle Details von technischen oder wissenschaftlichen Fachtexten zu erfassen. Eine besondere Kunst ist das Übersetzen von literarischen Texten, da es hier nicht nur um eine einwandfreie Übertragung der Inhalte geht, sondern auch um die Lesbarkeit und die sprachliche Gestaltung, die auch nach der Übersetzung beibehalten werden müssen. Überraschenderweise erzielen Übersetzer in Deutschland, wie auch andere geisterwissenschaftliche Berufsgruppen, trotz ihrer anspruchsvollen Arbeit oft nur geringe Einkommen.

Laut einer Studie des Verbands deutschsprachiger Übersetzer literarischer und wissenschaftlicher Werke e. V. (VdÜ) aus dem Jahre 2018 lag der mittlere Gewinn eines freiberuflichen Übersetzers in Deutschland im Jahr 2016 bei nur 20.746 Euro. Nach Schätzungen der Künstlersozialkasse liegt der Jahresgewinn mit 17.319 Euro sogar noch unterhalb des Ergebnisses des VdÜ. Nach Abzug von Sozialbeiträgen und Steuern liegt das Nettoeinkommen alleinstehender Übersetzer ohne Kinder bei durchschnittlich nur 1.150 Euro.

Auffällig dabei ist, dass Frauen die Übersetzungsdienstleistungen anbieten in Deutschland mit einem durchschnittlichen Gewinn von 21.336 Euro mehr verdienen als ihre männlichen Mitbewerber, deren Gewinn im selben Zeitraum bei nur 18.795 Euro lag. In Österreich lag der Durchschnittsgewinn eines Übersetzer 2016 sogar bei nur 15.801 Euro.

Deutsche Übersetzungsdienstleister im europäischen Vergleich abgeschlagen

Auch eine Studie des Rats der Europäischen Literaturübersetzer-Verbände (CEATL), die die Honorare, die Einkommenssituation und die Marktsituation von Übersetzern der 21 Mitgliedsstaaten in den Jahren 2006 bis 2008 abbildet, zeigt, dass Übersetzer in Deutschland oft geringere Einkommen erzielen als Übersetzer aus wirtschaftlich deutlich schlechter gestellten Ländern.

Anzumerken dabei ist, dass die Studie nicht nach streng wissenschaftlichen Maßstäben erstellt wurde, sondern aufgrund der kleinen Datenbasis teilweise nur auf Schätzungen und Erfahrungen der befragten Übersetzern basiert. Die Hauptursachen dafür sind neben der Anzahl an Übersetzungen, bei denen Deutschland auf dem drittletzten Platz liegt, die geringen Seitenhonorare, die etwa 30 Prozent geringer ausfallen als in Frankreich oder England, also Ländern deren Durchschnittseinkommen etwa auf dem Niveau von Deutschland liegen.

Betrachtet man das Verhältnis aus Einkommenssituation und den Lebenshaltungskosten, die besonders aufgrund steigender Mieten in den Großstädten in den letzten Jahren deutlich gewachsen sind, liegt das Einkommensniveau deutscher Übersetzer im europäischen Vergleich sogar nur im unteren Drittel.

Einkommenssituation nicht bei allen Übersetzern niedrig

Zusammenfassend zeigt die Studie des VdÜ zwar, dass viele hoch qualifizierte Menschen, von denen die Mehrzahl über akademische Abschlüsse verfügt, aufgrund der schlechten Bezahlung innerhalb der Branche am Existenzminimum leben. Etwa sieben Prozent der Übersetzer erzielen durch ihre freiberufliche Arbeit aber auch Gewinne zwischen 50.000 Euro und über 85.000 Euro. Neben den angebotenen Sprachen kommt es vor allem auf eine Spezialisierung in gefragten Fachbereichen an, wenn Übersetzer und Übersetzerinnen ein höheres Einkommen erzielen wollen.

Wer Experte im Bereich der medizinischen Fachübersetzungen, in bestimmten technischen Bereichen oder für besonders knifflige juristische Übersetzungen ist, kann auch mit hohen Preisen am Markt bestehen. Literaturübersetzer können ihre Einkommen laut einer deutlich umfangreicheren Studie des VdÜ aus dem Jahr 2012 vor allem durch Beteiligungen der Verlage steigern, die in einigen Fällen beispielsweise pro verkauftem Buch ausgeschüttet werden.

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