Robert Klatt
Neobroker ermöglichen Investitionen in Aktien und Co. mit minimalen Gebühren. Wissenschaftler haben nun untersucht, ob vermögensarme Menschen in Deutschland trotzdem Nachteile am Kapitalmarkt haben.
Düsseldorf (Deutschland). In den letzten Jahren haben sich in Deutschland mehrere Neobroker etabliert, bei denen Menschen bereits mit kleinen Beträgen am Kapitalmarkt investieren können. Wissenschaftler der Hans-Böckler-Stiftung (HBS) haben nun untersucht, ob vermögensarme Menschen am Finanzmarkt weiterhin benachteiligt sind. Die Studie zeigt, dass Menschen, deren Vermögen zur unteren Hälfte gehört, im Vergleich zur wohlhabenderen Hälfte, im Jahr einen Vermögensnachteil von 525 Euro haben.
Wenn die ärmeren Personen an den Kapitalmärkten dieselben Konditionen hätten wie die wohlhabendere Bevölkerungsgruppe, würden sie jährlich zusätzlich über diesen Betrag verfügen. Die 525 Euro teilen sich zu 245 Euro auf höhere Produktkosten und zu 280 Euro auf Investitionen in relativ risikoarme Kapitalanlagen, die jedoch im Mittel auch geringere Renditen erwirtschaften, auf.
„Unterschiedliche Renditen und vor allem das niedrigere Startkapital von vermögensarmen Menschen sorgen dafür, dass der Graben zwischen den Vermögensgruppen immer weiter wächst. Die strukturellen Nachteile sind so groß, dass die oder der Einzelne sie durch individuelle Entscheidungen kaum überwinden kann.“
Die Forscher der HBS, die die Studie gemeinsam mit dem Institut für Sozioökonomie der Universität Duisburg-Essen (UDE) erstellt haben, haben die Bevölkerung anhand ihres Vermögens in drei Gruppen unterteilt. Die ärmere Hälfte der Bevölkerung hat ein Bruttovermögen von 6.000 Euro, die Mitte ein Bruttovermögen von 149.000 Euro und die oberen zehn Prozent ein Bruttovermögen von 925.000 Euro. Ein Großteil der Personen aus der ärmeren Hälfte sind Alleinerziehende, Menschen mit Migrationshintergrund und Ostdeutsche.
Die Analyse zeigt, dass die ärmsten Menschen vor allem sichere Investitionen wie Lebensversicherungen nutzen. Sie erzielen damit nur eine Rendite von 1,9 Prozent pro Jahr, also eine Rendite, die unter der Inflation liegt. Menschen aus der Mitte investieren hingegen in andere Anlageklassen, darunter Immobilien und Aktien. Ihre Rendite liegt im Mittel bei 5,9 Prozent im Jahr.
„Denn wer kaum etwas hat, kann es sich kaum leisten, potenziell gewinnträchtige, aber auch schwankungsanfällige Anlagen zu wählen.“