Robert Klatt
Friedrich Merz (CDU) fordert, dass Deutsche mehr arbeiten. Nun zeigt eine Studie, dass die Arbeitszeit in der Bundesrepublik tatsächlich deutlich geringer ist als in vielen anderen Wirtschaftsnationen.
Köln (Deutschland). Der neue Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat kürzlich gefordert, dass Arbeitnehmer in Deutschland wieder mehr arbeiten sollen, um die Wirtschaft zu stärken.
„Mit Viertagewoche und Work-Life-Balance werden wir den Wohlstand dieses Landes nicht erhalten können.“
Nun hat das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) eine Studie publiziert, laut der die Arbeitszeiten in der Bundesrepublik im Mittel tatsächlich deutlich kürzer als in anderen Industrieländern sind. 2023 haben Deutsche im Erwerbsalter zwischen 15 und 64 Jahren durchschnittlich 1.036 Arbeitsstunden geleistet.
In den meisten anderen Wirtschaftsnationen ist die mittlere Arbeitszeit deutlich höher. Am meisten arbeiten mit 1.402 Arbeitsstunden Neuseeländer, gefolgt von Arbeitnehmern in Tschechien (1.326 Stunden) und Israel (1.312 Stunden). Es gibt aber auch zwei Industrienationen, in denen die Menschen weniger arbeiten als in Deutschland, nämlich Frankreich (1.027 Stunden) und Belgien (1.021 Stunden).
Michael Hüther, der Präsident des IW, erklärt, dass Deutschland bis Ende des Jahrzehnts etwa 4,2 Milliarden Arbeitsstunden fehlen. Laut dem Ökonomen liegt dies primär am Fachkräftemangel.
„Wir alle erleben den Fachkräftemangel schon jetzt tagtäglich: Restaurants haben häufiger geschlossen als früher, Pflegekräfte sind überarbeitet, weil sie zu wenige Kolleginnen und Kollegen haben. Ähnlich sieht es in Kitas und kleinen Handwerksbetrieben aus.“
Angesichts der problematischen Situation spricht sich die Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) dafür aus, dass Unternehmen bessere Arbeitsbedingungen schaffen, um mehr Frauen als Arbeitnehmerinnen gewinnen zu können.
„Die Arbeitgeber müssen die Arbeitswelt so gestalten, dass mehr Mütter in Vollzeit arbeiten können. Eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen »schaffen wir nur, wenn alle mitziehen.“
Laut Bas können die Arbeitsstunden in Deutschland vor allem dadurch erhöht werden, indem mehr Mütter berufstätig sind.
„Jede zusätzliche Arbeitskraft und jede zusätzliche Arbeitsstunde bringt uns voran.“
Die Bundesarbeitsministerin erklärt jedoch, dass in Deutschland viele Frauen in einer unfreiwilligen Teilzeitfalle sitzen und aufgrund von fehlender Kinderbetreuung und familienfeindlichen Arbeitsmodellen nicht mehr Arbeitsstunden leisten können. Dies wird auch deutlich daran, dass signifikant mehr Frauen (49 %) als Männer (11 %) in Teilzeit arbeiten.
„Insbesondere Frauen arbeiten dann oft weniger, verdienen schlechter, und am Ende droht Altersarmut. Das ist ungerecht, und da müssen wir ran.“