Robert Klatt
In vielen Ländern werden immer mehr Kinder nicht gegen potenziell tödliche Krankheiten geimpft. Diese laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) extrem besorgniserregende Situation liegt unter anderem an der zunehmenden Impfskepsis und der reduzierten Entwicklungshilfe.
Genf (Schweiz). Laut einer kürzlich publizierten Studie der Forschungsgruppe Global Burden of Disease 2023 Vaccine Coverage Collaborators hat das Erweiterte Impfprogramm (EPI) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) seit 1974 rund 154 Millionen Todesfälle verhindert. Obwohl es somit klar ist, dass Impfungen Todesfälle durch vermeidbare Krankheiten wie Masern, Polio und Diphtherie verhindert haben, sinken die Impfquoten in vielen Ländern.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat sich deshalb in ihrem aktuellen Jahresbericht besorgt geäußert, weil die Gesundheit der Weltbevölkerung durch die sinkenden Impfzahlen, die unter anderem auf reduzierte Entwicklungshilfe und Impfskepsis zurückgehen, bedroht ist.
„Wir sind extrem besorgt über Fehl- und Desinformation zu Impfungen.“
Laut der WHO verhindern vor allem Kriege und die schlechte Erreichbarkeit von sehr abgelegenen Regionen, dass Kinder die empfohlenen Impfungen erhalten. Global haben 2024 rund 14,3 Millionen Kinder in ihrem ersten Lebensjahr keine Impfung erhalten. Ein weiteres Problem ist die sinkende Entwicklungshilfe, mit der einkommensschwache Länder ihre Impfkampagnen finanziert haben. Die WHO geht davon aus, dass die sinkenden Entwicklungshilfebudgets, etwa das kürzlich stark gekürzte Budget der U.S.A., im laufenden Jahr dazu führen, dass noch mehr Kinder keine Impfungen erhalten.
Das WHO-Regionalbüro Europa und der United Nations International Children's Emergency Fund (UNICEF) warnen davor, dass diese Entwicklung die Gesundheit der Kinder gefährdet und neue Infektionswellen mit Masern und Keuchhusten begünstigt.
Die Effekte der ausbleibenden Impfungen werden bereits bei Masern deutlich. Die Abdeckung mit der zweiten Masern-Impfdosis liegt aktuell bei knapp über drei Vierteln (76 %). Rund 30 Millionen Kinder sind aber noch immer nicht gegen die Krankheit geimpft. 2024 kam es deshalb in 60 Ländern zu starken Masernausbrüchen, also in doppelt so vielen Ländern wie 2024. Die WHO geht davon aus, dass für die schlechte Impfquote bei Masern unter anderem die zunehmende Impfskepsis verantwortlich ist. Um neue Ausbrüche zu verhindern, müsste die Impfquote deutlich höher sein (95 %).
„Impfungen retten Leben, und wenn die Abdeckung sinkt, breiten sich Krankheiten aus.“
Das Problem betrifft nicht nur ärmere Staaten, sondern auch Europa. 2024 sind in Europa rund 125.000 Menschen an Masern erkrankt, also rund doppelt so viele wie im Vorjahr.