Wirksam oder Placebo

Schüssler Salze und Homöopathie im Focus aktueller Studien

D. Lenz

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Schüssler Salze sind immer wieder ein Thema in den Medien. Kritiker und Anhänger dieses Naturheilverfahrens debattieren nach wie vor über Wirksamkeit und Unwirksamkeit der zwölf von Wilhelm Heinrich Schüßler der klassischen Homöopathie entgegen gesetzten Salze. Sind sie tatsächlich ein Allheilmittel oder schaden sie sogar mehr als das sie helfen? Und wie können sich erfolgreiche Studien in Sachen Homöopathie auf den Ruf der Salzen auswirken?

Der wohl wichtigste Grundsatz der Homöopathie ist „Ähnliches kann durch Ähnliches geheilt werden“. Von diesem, als „Simile-Prinzip“ bekannten, Axiom der klassischen Homöopathie wandte sich der deutsche Arzt Wilhelm Heinrich Schüßler ab. In seiner Veröffentlichung „Eine abgekürzte Therapie gegründet auf der Histologie und Cellularpathologie“ legte er 1873 auf 16 Seiten dar, dass alle Krankheiten auf Grund eines gestörten Mineralhaushalt entstehen. Fehlt ein benötigtes Mineral gerät der normale Ablauf des menschlichen Organismus aus dem Ruder und die Folge sind eben Erkrankungen. Das nun diese Theorie des Arztes aus Bad Zwischenahn nicht mehr aktueller Stand der Forschung ist, steht außer Frage. Aber völlig von der Hand zu weisen ist sie dennoch nicht. Fehlt es dem menschlichen Körper tatsächlich an wichtigen Mineralien, so sind Erschöpfung, Gemütsschwankung und ein deutlich angreifbareres Immunsystem die Folge. Nicht umsonst treten gerade kleiner Erkrankungen wie Erkältung dann auf den Plan, wenn eigentlich endlich Zeit für Erholung wäre. Wo vorher aber der Körper mit den letzten Reserven in vollem Betrieb gehalten wurde, bekommt dann der Organismus mit, dass die stressige Phase vorbei ist und lässt an allen Fronten ein wenig nach. Schüßler nun war der festen Überzeugung, dass der Körper am besten selber weiß, was für ihn gut ist. Wird einem Patienten eines der zwölf angereicherten Schüssler Salze verabreicht, so sorgt der menschliche Organismus höchst selbst dafür, dass die benötigten Mineralien an den richtigen Stellen ankommen.

Nichts ist Gift, alles ist Gift

Auch wenn die Wirksamkeit der Schüssler Salze mehr als nur umstritten ist, übernehmen dennoch viele Krankenkassen im Rahmen von homöopathischen Therapien die Behandlungskosten. Sowohl Heilpraktiker als auch niedergelassene Ärzte mit einer entsprechenden Spezialisierung weisen allerdings explizit darauf hin, dass auch Schüssler Salze bei falscher Anwendung, beziehungsweise bei einer Anwendung auf Erkrankungen, besonders im Rachenbereich (wie eitrige Mandeln) negative Auswirkungen haben können. Personen mit unzureichenden oder beeinträchtigten Nierenfunktionen sollten ebenfalls Abstand von den stark Kalium und Kalzium durchsetzten Schüssler Salzen nehmen, das diese Stoffe über die Nieren ausgewaschen werden müssen. Fakt allerdings ist, dass, auch wenn schwer bis unmöglich in normalen Studien nachweisbar, Schüssler Salze eine Wirksamkeit haben. Diese aber hängt stark vom Einzelfall ab. Zum einen springt jeder menschliche Organismus anders, beziehungsweise anders intensiv, auf ihm zugeführte Stoffe an. Zum anderen spielt auch der Placebo-Effekt ein nicht unwesentliche Rolle. Auch wenn es in den Ohren von vielen Chemikern und Biologen entsetzlich klingt, wird jeder Psychotherapeut zustimmend nicken, wenn angeführt wird, dass die Bereitschaft eine Therapie als hilfreich anzunehmen den Verlauf einer Behandlung positiv beeinflussen kann. Zusätzlich springen gerade Kinder und Jugendliche mit chronischen Erkältungen sehr positiv auf Schüssler Salze an. Auch eine zusätzliche Unterstützung des Immunsystems in Phasen der Belastung und klassischen Krankheitsmonaten erscheint in vielen Fällen sehr sinnvoll.

Studien belegen positive Effekte

Auch wenn, auf Grund ihrer gegensätzlichen Ausrichtung, Schüssler Salze allgemein nicht der Homöopathie zugeordnet werden, so sind gewissen Gemeinsamkeiten nicht von der Hand zu weisen. Denn auch wenn in Studien es bisher nicht gelungen ist die Wirksamkeit von Schüssler Salzen eindeutig zu belegen, so ist bisher auch nichts gegenteiliges der Fall gewesen. Zusätzlich hat es bereits empirische Einzelstudien gegeben, die eine Wirksamkeit angedeutet haben. Im Falle der klassischen Homöopathie wurde zuletzt 2005 im Rahmen einer Metastudie versucht, die Unwirksamkeit Homöopathie zu belegen. Schlussendlich mussten die Herausgeber der Studie diese jedoch zurückziehen, da sich die Ergebnisse als wissenschaftlich nicht haltbar erwiesen.

Grundsätzlich ist bei derartigen Studien, insbesondere in Bezug auf die Schüssler Salze zu beachten, dass die „heilsamen 12“ erst seit den 80er Jahren wieder im Focus der Öffentlichkeit liegen. Im wohl finstersten Kapitel der medizinischen Forschung, der Naziära, gab es zwar Untersuchungen und Experimente an KZ-Häftlingen, aber diese konnten keine dem Naziregime passenden Ergebnisse erzielen und wurden nach kurzer Zeit wieder fallen gelassen. In der Alternativmedizin genießen die Schüssler Salze aber heute wieder einen guten Ruf, allerdings gelten sie aus Blickwinkel der Allgemeinmedizin eher als Randerscheinung. Entsprechend gering ist auch das aktuelle Interesse an breiten Feldforschungen. Wirklich bekannt sind sie zudem nur im deutschsprachigen Raum. Die klassische Homöopathie ist dort schon deutlich weiter.

So wurden in der jüngeren Vergangenheit mehrfach randomisierte, doppelblinde und placebokontrollierte Studien mit homöopathischen Mitteln durchgeführt, die alle Behandlungserfolge erzielten. An der Universitätsklinik Wien wurde so beispielsweise an Koma-Patienten in der Abteilung für Innere Medizin von Prof. Dr. med. Michael Frass im Zuge einer Studie mit homöopathischen Stoffen eine deutliche Verringerung von übermäßigen Absonderungen aus der Luftröhre erreicht. So lässt sich der Aufenthalt von in Betracht kommenden Patienten auf Intensivstationen verringern. Da sich die Studie einzig auf komatöse Patienten bezog, ist hier der Placebo-Effekt eindeutig auszuschließen.

Aber auch bei der Therapie von ADS und ADHS Patienten im Kindesalter wurde an der Universitätsklinik Bern im Zuge einer doppelblinden Crossover Studie eine Wirksamkeit von homöopathischen Mitteln belegt. Bei den Teilnehmern der Studie wurde ein Verbesserung zwischen 37 und 63 Prozent erzielt, die sich zudem langfristig aufrecht erhalten ließ. Zusätzlich zeigt die Studie eine deutliche Kostensenkung für das Gesundheitswesen auf.

Schlussendlich bedarf es noch einiges an Forschung um ein wirklich endgültiges und stichhaltiges Ergebnis in Bezug auf die Wirksamkeit von Homöopathie und Schüssler Salzen anzuführen. Dies gilt im gleichen Maße auch für die Position der Kritiker. Denn unterm Strich ist auch eine positive Entwicklung durch den Placebo-Effekt nicht von der Hand zu weisen. Dieser aber, und auch das haben viele Studien belegt, ist und kann nicht der alleinige Auslöser von positiven Effekten sein. Denn um diesen nachzuweisen müssen die Teilnehmer einer Studie glauben mit einem hilfreichen Medikament behandelt zu werden. Sind sie sich darüber aber nicht im Klaren und verspüren trotzdem eine Linderung, dann besteht eine echte Wirksamkeit. Und diese ist auch nicht durch Gegenstudien von der Hand zu weisen.

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