Tubarius-Drüsen

Neues Organ des Menschen entdeckt

Robert Klatt

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Am Eingang der Eustachischen Röhre wurde ein bisher unbekanntes Organ entdeckt. Die Tubarius-Drüsen übernehmen vermutlich die Befeuchtung der Eustachischen Röhre und des Nasenrachens.

Amsterdam (Niederlande). Das menschliche Speicheldrüsensystem galt in der Medizin schon lange als vollständig erforscht. Es besteht aus etwa tausend winzigen Drüsen im Mund- und Rachenraum sowie drei paarigen Hauptdrüsen. Diese sitzen auf beiden Seiten des Unterkiefers, unter der Zunge und in den Wangen unterhalb der Ohren. Gemeinsam erzeugen diese Drüsen den proteinreichen Speichel, der Bakterien im Mundraum bekämpft und die Vorverdauung der Nahrung einleitet.

Nun haben Wissenschaftler der Niederländischen Krebsinstitut (NKI) in Amsterdam entdeckt, dass im Nasenrachenraums zwei weitere Hauptspeicherdrüsen vorhanden sind. Laut der im Fachmagazin Radiotherapy and Oncology erschienenen Forschungsarbeit hat das Team um Matthijs Valstar das zuvor unbekannte Organ zufällig entdeckt, als sie die Positronenemissions-Tomografie (PET) Aufnahmen von hundert Krebspatienten detailliert untersuchten. Eigentlich wird die PET zur Sichtbarmachung von Biomarkern für Prostatakrebs genutzt.

Neues Organ war Zufallsfund

Laut Co-Autor Wouter Vogel „sind die einzigen Speichel- oder Schleimdrüsen im Nasenrachen, sowie die Wissenschaft wusste, mikroskopisch klein und relativ gleichmäßig in der Schleimhaut verteilt – entsprechend groß war unsere Überraschung.“ Die Position der neuentdeckten Speicheldrüsen liegt neben der Tubenöffnung, also der Stelle, wo die Eustachische Röhre im Nasenrachenraum endet.

Dort liegt der Torus tubarius, eine Wulst der Rachenschleimhaut, die von der Anatomie bisher kaum beachtet wurde. Neben den PET-Aufnahmen haben die niederländischen Wissenschaftler ergänzend mithilfe zweier Toter belegt, dass es sich dabei um Speicheldrüsen mit Drüsengewebe handelt.

Organteil oder eigenständiges Organ?

Laut Valstar „handelt es sich um die erste Beschreibung von paarigen, makroskopischen Drüsen an der hinteren Wand des Nasenrachenraums.“  Die Ergebnisse stützen laut ihm „die Identifizierung der Tubarius-Drüsen als neuer anatomischer und funktioneller Einheit im Speicheldrüsensystem.“ Als Namen ihrer Neuentdeckung wählten die Wissenschaftler nach dem Gewebe der Eustachischen Röhre „Tubarius-Drüsen“.

Wie Vogel erklärt „ist die akzeptierte Definition für ein Organ, dass es aus mehr als einem Gewebetyp besteht, eine definierte Form und Struktur besitzt und spezifische Funktionen erfüllt.“ Die Wissenschaftler sind deshalb der Ansicht, dass die Tubarius-Drüsen ein neues Organ ist und nicht bloß einen Organteil bilden. Vermutlich übernehmen die Tubarius-Drüsen die Befeuchtung der Eustachischen Röhre und des Nasenrachens. Valstar erklärt, dass „egal, ob diese neuen Drüsen als eigenes Organ, große Speicheldrüse oder als Teil des Speichel-Organsystems angesehen werden, diese sie von klinischer Relevanz sind.“

Verstecke Lage und unauffällige Aussehen

Die sehr späte Entdeckung der Tubarius-Drüsen führen die Forscher auf ihre sehr versteckte Lage im Körper und ihr unauffälliges Aussehen zurück. Laut Valstar „umfassen die neuentdeckten Tubarius-Drüsen flache, unter der Schleimhaut liegende Drüsenstrukturen, die an einer schwer zugänglichen Stelle unter der Schädelbasis liegen.

Ultraschall, Computertomografie oder Magnetresonanz-Tomografie zeigen an der Position der Tubarius-Drüsen zwar Gewebe, können die feine Struktur aber nicht detailliert genug darstellen, um das Organ auf den Aufnahmen zu erkennen. Gesehen werden können die Tubarius-Drüsen deshalb nur mit einer nasalen Endoskopie.

Radiotherapy and Oncology, doi: 10.1016/j.radonc.2020.09.034

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