Robert Klatt
Ein mRNA-Impfstoff gegen nicht-kleinzelligen Lungenkrebs von BioNTech hat in einer klinischen Phase-1-Studie die Überlebensrate der Probanden deutlich erhöht. In Zukunft könnte die Impfung Millionen Menschenleben retten.
Mainz (Deutschland). Lungenkrebs ist die häufigste Krebstodesursache des Menschen und verursacht jährlich rund 1,8 Millionen Todesfälle. Ein Großteil der Lungenkrebsfälle entfällt auf den sogenannten nicht-kleinzelligen Lungenkrebs (80 %). Das Unternehmen BioNTech deshalb einen mRNA-Impfstoff gegen nicht-kleinzelligen Lungenkrebs entwickelt, der die Überlebenschancen von Krebspatienten erhöhen soll.
Die erste Phase der klinischen Erprobung der Impfung ist kürzlich gestartet. An der klinischen Studie nehmen 130 Menschen aus Deutschland, Polen, England, Wales, Ungarn, der Türkei und den U.S.A. teil, die sowohl Lungenkrebs im Frühstadium als auch im Spätstadium haben und die zuvor noch nicht per Strahlentherapie oder operativ behandelt wurden.
Laut Arschang Valipour, Vorstand der Abteilung Innere Medizin und Pneumologie an der Klinik Floridsdorf, hat die mRNA-Technik sehr viel Potenzial in der Krebstherapie, weil durch sie eine gezielte Behandlung möglich ist.
„Dabei werden gezielt Oberflächenproteine, sogenannte Antigene, genutzt, die durch die Impfung von unseren körpereigenen Abwehrzellen erkannt und gezielt bekämpft werden können.“
Das Funktionsprinzip des mRNA-Impfstoffs ähnelt dem mRNA-Covid-19-Impfstoffen. Der Impfstoff enthält einen Bauplan des Lungenkrebses, der es dem Immunsystem ermöglicht, die Krebszellen zu erkennen und zu bekämpfen. Gesunde Zellen werden hingegen, anders als bei der Chemo- und Strahlentherapie, durch den Impfstoff nicht beschädigt.
In der klinischen Studie ist die Überlebensrate der Probanden durch den Impfstoff auf 18 bis 24 Monate gestiegen, obwohl der Krebs sich bei einem Großteil der Menschen bereits in fortgeschrittenen Stadium befinden hat. In diesem Stadium kann die Medizin die Erkrankung bisher nicht heilen, sondern nur durch Chemo- und Immuntherapien hemmen.
„Das klingt nicht viel, ist aber im Vergleich zu früher, als die Rate noch bei sechs bis neun Monaten lag, schon deutlich besser.“
In der klinischen Studie war das Impfintervall sehr hoch. Die Patienten haben den mRNA-Impfstoff über einen Zeitraum von sechs Wochen sechsmal wöchentlich erhalten. Anschließend wurden sie für weitere zwölf Monate alle drei Wochen geimpft.
Bisher ist noch offen, ob die Impfung lebenslang regelmäßig verabreicht werden muss. Es könnte zudem dazu kommen, dass die Krebszellen mutieren und der Impfstoff keine ausreichende Immunantwort mehr auslöst.
„Viele Fragen sind noch offen. Deshalb muss in alle erdenklichen Richtungen geforscht werden.“
Angesichts der vielen offenen Forschungsfragen ist Valipour davon überzeugt, dass der Impfstoff kurzfristig nicht in der Krebsbehandlung eingesetzt wird. Realistisch ist laut ihm eine routinemäßige Verwendung in drei bis fünf Jahren.
„Ich bin überzeugt, dass die Impfung der nächste Gamechanger in der Krebstherapie sein kann, aber die Forschung braucht noch Zeit.“