Demografische Daten

Lebenserwartung in Deutschland seit Covid-19 stark gesunken

Robert Klatt

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Auf den Punkt gebracht
  • In Deutschland ist die Lebenserwartung seit Covid-19 bei Jungen um 0,6 Jahre und bei Mädchen um 0,4 Jahre gesunken 
  • Die ostdeutschen Bundesländer sind deutlich stärker betroffen, weil die zweite Welle der Covid-19-Pandemie dort besonders stark war
  • Noch ist unklar, ob die beiden Ausnahmejahre den Trend der immer höher werdenden Lebenserwartung beendet oder nur unterbrochen haben

In Deutschland ist die Lebenserwartung seit Covid-19 deutlich gesunken. Dabei gibt es starke Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland.

Wiesbaden (Deutschland). In Deutschland ist laut Daten des Statistischen Bundesamts (Destatis) die Lebenserwartung seit der Covid-19-Pandemie deutlich gesunken. Die durchschnittliche Lebenserwartung für Mädchen, die im Jahr 2021 geboren wurden, liegt laut den Demografen bei 83,2 Jahren. Bei der letzten Berechnung vor der Covid-19-Pandemie im Jahr 2019 war die Lebenserwartung noch 0,4 Jahre höher. Auch bei Jungen sank die Lebenserwartung in diesem Zeitraum um 0,6 Jahre auf 78,2 Jahre.

Laut den Demografen des Destatis handelt es sich dabei um eine „Ausnahmesituation“. Ob die beiden Ausnahmejahre den Trend der immer höher werdenden Lebenserwartung beendet oder nur unterbrochen haben, ist noch unklar.

Sterbefallzahlen während der Coronawellen

„Hauptgrund für diese Entwicklung sind die außergewöhnlich hohen Sterbefallzahlen während der Coronawellen“, erklären die Statistiker. Wie sie erklären, basiert die Berechnung der Lebenserwartung auf Veränderungen der Sterblichkeit, die von der Altersstruktur unabhängig sind. Die Kennzahl eignet sich deshalb sehr gut für Vergleiche. 

„Wir können die Entwicklung direkt auf Covid-19 zurückführen“, erklärt Jonas Schöley vom Max-Planck-Institut für Demografische Forschung (MPIDR). Die vom MPIDR auf dem Preprint-Server medRxiv publizierten Daten stimmen mit den Daten des Destatis überein. „Ein so starker Rückgang, synchronisiert über den Planeten, an zwei aufeinanderfolgenden Jahren, das ist völlig ungewöhnlich und eine absolute Ausnahme“, konstatiert Schöley.

Hoher Rückgang der Lebenserwartung in Ostdeutschland

Am stärksten ist die Lebenserwartung von 2019 auf 2021 mit 1,3 Jahren bei Jungen und 0,9 Jahren bei Mädchen laut den Analysen in Ostdeutschland gesunken. In Westdeutschland ist die Lebenserwartung bei Jungen um 0,4 Jahre und bei Mädchen um 0,3 Jahre zurückgegangen. Verantwortlich für den großen Unterschied ist vor allem die zweite Welle der Covid-19-Pandemie, die die ostdeutschen Bundesländer besonders stark getroffen hat.

Deutlich mehr Sterbefälle

„Ausgehend von 2019 wäre für 2021 eine Sterbefallzahl von 960.000 bis 980.000 erwartbar gewesen, also ein Anstieg um 2 bis 4 Prozent. Tatsächlich ist die Zahl der Sterbefälle von 2019 auf 2021 um 9 Prozent gestiegen. Bezogen auf die beiden Jahre 2020 und 2021 gab es demnach etwa 70.000 bis 100.000 zusätzliche Sterbefälle“, erklären die Wissenschaftler vom Destatis. Das Robert-Koch Institut (RKI) verzeichnete in diesem Zeitraum etwa 115.000 Covid-19-Todesfälle.

medRxiv, doi: 10.1101/2022.02.23.22271380

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