Sehkraft

Geringeres Demenzrisiko nach Grauer-Star-Operation

Robert Klatt

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Eine Augenoperation zur Wiederherstellung der Sehkraft bei Senioren mit Grauem Star reduziert das Demenzrisiko deutlich.

Seattle (U.S.A.). Die Medizin kann die Krankheitsmechanismen der Demenz bisher nur teilweise erklären. Obwohl weltweit rund 50 Millionen Menschen unter der Krankheit leiden, gibt es deshalb bisher keine Behandlungsmöglichkeit. Die Forschung sucht deshalb neben Medikamenten primär nach Präventionsmöglichkeiten zur Verhinderung von Demenz. Studien haben unter anderem belegt, dass beeinträchtigte Sinneswahrnehmungen wie etwa Sehschwäche und Schwerhörigkeit das Demenzrisiko erhöhen können.

Dabei spielt auch der Grauer Star (Katarakt) eine entscheidende Rolle. Bei dieser Erkrankung trübt die Linse stark ein. Im schlimmsten Fall führt dies zur kompletten Erblindung. Von weltweit 35 Millionen Betroffenen sind etwa 20 Millionen bereits blind. Dies kann behoben werden, indem die natürliche Linse nach ihrer Trübung durch eine künstliche Linse ersetzt wird.

Reduziertes Demenzrisiko nach Augenoperation?

„Da sowohl sensorische Beeinträchtigungen als auch Demenz stark mit dem Altern verbunden sind, könnte mehr Wissen über den Zusammenhang zwischen sensorischen Beeinträchtigungen und Demenz wichtige Auswirkungen auf die individuelle und globale öffentliche Gesundheit haben, insbesondere wenn Maßnahmen zur Verbesserung der sensorischen Funktion das Demenzrisiko verringern“, erklären Wissenschaftler der University of Washington.

Sie haben laut ihrer Publikation im Fachmagazin JAMA Internal Medicine deshalb untersucht, ob das Demenzrisiko durch die Wiederherstellung der Sehkraft beeinflusst wird. Als Datenbasis konnte das Team auf eine Langzeitstudie zurückgreifen, in deren Rahmen seit 1964 die Gesundheitsdaten von Menschen ab 65 Jahren regelmäßig erfasst werden. Die Forscher konzentrierten sich dabei auf Probanden, die Grauen oder Grünen Star entwickelten. Von 3.038 Probanden mit Grauem Star erkrankten im bisherigen Beobachtungszeit 853 an Demenz. Operiert wurden wegen der Augenkrankheit 1.382 der Probanden.

Augenoperation beeinflusst Demenzrisiko

„Das Risiko, an einer Demenz zu erkranken, war bei Teilnehmern, die sich einer Katarakt-Extraktion unterzogen, deutlich geringer als bei Personen, die sich keiner Katarakt-Operation unterzogen“, erklären die Autoren. Im Vergleich zu den langsam erblindenden Probanden war Risiko in den kommenden Jahren eine Demenz zu entwickeln in dieser Gruppe um etwa 30 Prozent geringer. Dieser Zusammenhang blieb auch bestehen, wenn weitere Risikofaktoren wie etwa Alter, Gewicht, Blutdruck herausgerechnet wurden.

Geringes Demenzrisiko auch nach Operation wegen Grünen Stars?

Als Kontrollgruppe wurden Probanden mit Grünen Star (Glaukom) genutzt. Bei dieser Erkrankung kommt es durch einen erhöhten Augeninnendruck zu Schäden am Sehnerv. Die Sehkraft kann durch eine Operation beim Grünen Star nicht wiederhergestellt werden, sondern es kann lediglich eine weitere Verschlechterung verhindert werden. Von den 728 Probanden mit Glaukom entschieden sich 105 für eine Operation. Diese beeinflusste das Demenzrisiko in der Beobachtungszeit nicht.

Wiederherstellung der Sehkraft

Laut den Wissenschaftlern zeigt dies, dass das geringere Demenzrisiko tatsächlich im Kontext der Wiederherstellung der Sehkraft steht. „Kein anderer medizinischer Eingriff hat einen so starken Zusammenhang mit der Verringerung des Demenzrisikos bei älteren Menschen gezeigt“, erklärt Cecilia Lee.

„Kataraktbedingte Sehbehinderungen können den neuronalen Input verringern, was möglicherweise die Neurodegeneration beschleunigt oder die Auswirkungen der Neurodegeneration verstärkt. Es wurde bereits nachgewiesen, dass der visuelle Kortex durch den Sehverlust strukturelle Veränderungen erfährt“, so die Autoren. Außerdem könnten soziale Faktoren für die Verringerung des Demenzrisikos verantwortlich sein. „Sinnesbeeinträchtigungen können zu sozialer Isolation und verminderter kognitiver Stimulation beitragen, was das Risiko einer Demenzerkrankung erhöhen kann“, erklärt Lee.

JAMA Internal Medicine, doi: 10.1001/jamainternmed.2021.6990

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