Robert Klatt
Der Ursprung des Coronavirus SARS-CoV-2 ist noch immer unbekannt. Neue Genanalysen zeigen, dass Fledermäuse das Virus nicht aus Westchina oder Nordlaos nach Wuhan transportieren können und dass stattdessen wohl der Wildtierhandel dafür verantwortlich war.
San Diego (U.S.A.). SARS-CoV-1, der Verursacher der SARS-Epidemie 2002/2003, ist laut mehreren Studien durch den Handel mit Schleichkatzen (Paguma larvata) oder Marderhunde (Nyctereutes procyonoides) aus der chinesischen Provinz Yunnan in die über 1.000 Kilometer entfernte Provinz Guangdong gelangt. Bei SARS-CoV-2 ist es hingegen noch offen, ob das Virus von Wildtieren stammt oder durch einen Laborunfall freigesetzt wurde.
Forscher der University of California, San Diego (UCSD) haben im Fachmagazin Cell nun eine Studie publiziert, laut der SARS-CoV-2 durch den Windtierhandel aus Westchina oder Nordlaos nach Wuhan gelangt ist. Genanalysen zeigen, dass der Virus dort lediglich fünf bis sieben Jahre vor dem Auftreten von Covid-19 in Wuhan existiert hat. Die Hufeisennasen (Rhinolophidae), eine Fledermaus, die der Hauptwirt des Virus ist, kann das Virus in diesem Zeitraum nicht über die rund 2.700 Kilometer große Distanz transportiert haben.
Wie die Wissenschaftler erklären, wurden die in Hufeisennasen vorkommenden Sarbecoviren, zu denen SARS-CoV-1 und SARS-CoV-2 gehören, nach den ersten Fällen von Covid-19 in Wuhan verstärkt untersucht. Die Wissenschaft hat dazu meistens das Gesamtgenom analysiert. Dabei kann es aber zu unklaren Ergebnissen kommen, weil die Viren in ihren Wirtstieren eine Rekombination durchlaufen, bei der sie Genmaterial austauschen.
„Wenn zwei verschiedene Viren dieselbe Fledermaus infizieren, ist das, was aus der Fledermaus herauskommt, manchmal eine Mischung aus verschiedenen Teilen beider Viren. Die Rekombination erschwert unser Verständnis der Evolution dieser Viren, weil sie dazu führt, dass verschiedene Teile des Genoms eine unterschiedliche Evolutionsgeschichte haben.“
Die Evolution der unterschiedlichen Coronaviren lässt sich durch die Genanalyse aufgrund der starken Rekombination also kaum nachvollziehen.
Die Forscher der UCSD haben deshalb innerhalb der 250 Genome Regionen identifiziert, die durch die Rekombination nicht verändert werden. Sie konnten so die Evolutionsgeschichte der Coronaviren rekonstruieren und zeigen, dass SARS-CoV-ähnliche Viren bereits vor Jahrtausenden in Westchina und Südostasien existiert haben.
Diese SARS-CoV-ähnlichen Viren haben sich mit einer ähnlichen Geschwindigkeit verbreitet, mit denen sich auch die Hufeisennasen bewegt haben. Weil die Fledermäuse kaum wandern, war auch die Ausbreitungskapazität der Viren langsam. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit von SARS-CoV-2 war hingegen deutlich schneller und kann demnach nicht durch die Fledermäuse erfolgt sein. Der Wildtierhandel ist also die wahrscheinlichste Ursache für den Transport von SARS-CoV-2 aus Westchina oder Nordlaos nach Wuhan.
Cell, doi: 10.1016/j.cell.2025.03.035