Robert Klatt
Ein neues Gel, das Proteinen aus dem Kindesalter ähnelt, kann demineralisierten oder erodierten Zahnschmelz regenerieren. Ein Produkt, das Menschen mit Zahnproblemen durch verlorenen Schmelz oder freiliegendes Dentin hilft, soll schon bald auf den Markt kommen.
Nottingham (England). Der Zahnschmelz ist bei rund der Hälfte der Weltbevölkerung beschädigt. Abgebauter Zahnschmelz führt zu Karies und Zahnverlust und begünstigt weitere Krankheiten, darunter Infektionen, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Der Zahnschmelzverlust ist bisher dauerhaft, weil der menschliche Körper diesen nicht selbst regenerieren kann. Methoden wie Fluorid-Lacke oder Remineralisationslösungen können einmal verlorenen Zahnschmelz ebenfalls nicht wiederherstellen, helfen aber dabei, die Symptome zu reduzieren.
Forscher der University of Nottingham haben nun ein neues, bioinspiriertes Gel entwickelt, das demineralisierten oder erodierten Zahnschmelz reparieren und regenerieren kann und gesunden Zahnschmelz stärkt und vor zukünftigen Schäden schützt. Laut ihnen handelt es sich dabei um einen großen Fortschritt der Medizin, der die präventive und restaurative Zahnmedizin stark verändern kann.
„Zahnschmelz besitzt eine einzigartige Struktur, die ihm seine außergewöhnlichen Eigenschaften verleiht. Sie schützt unsere Zähne ein Leben lang vor mechanischen, chemischen und thermischen Einflüssen. Wird unser Material auf demineralisierten oder erodierten Schmelz oder freiliegendes Dentin aufgetragen, fördert es das Kristallwachstum in geordneter Weise und stellt so die Architektur des natürlichen Zahnschmelzes wieder her.“
Das neue Gel kann ähnlich verwendet werden wie herkömmliche Fluoridbehandlungen beim Zahnarzt, enthält aber kein Fluorid. Es ähnelt stattdessen den natürlichen Proteinen, die im Kindesalter das Wachstum des Zahnschmelzes steuern. Wenn das Gel aufgetragen wird, bildet es eine widerstandsfähige, dünne Schicht, die in die Zahnstruktur eindringt und feine Risse oder Vertiefungen füllt.
Anschließend dient es als Gerüst, das Kalzium- und Phosphationen aus dem Speichel aufnimmt und deren geordnetes Kristallwachstum fördert. Dieser Prozess wird in der Forschung als epitaktische Mineralisation bezeichnet. Es bildet sich dadurch eine neue Mineralschicht, deren Struktur sich nahtlos in das bestehende, natürliche Zahngewebe einfügt und die schützenden Eigenschaften des gesunden Zahnschmelzes wiederherstellt.
„Wir sind sehr begeistert, denn diese Technologie wurde sowohl für Zahnärzte als auch für Patienten entwickelt. Sie ist sicher, leicht anzuwenden und lässt sich problemlos in größerem Maßstab herstellen.“
Das Gel kann auch auf freiliegendes Dentin, das knochenähnliche Gewebe, das den größten Teil der Zahnsubstanz bildet, aufgetragen werden. Es bildet auf diesem Gewebe, das härter als Knochen, aber weicher als Zahnschmelz ist, eine zahnschmelzähnliche Schicht, die Überempfindlichkeiten lindert und die Haftung von Zahnfüllungen verbessert.
Experimente, die die mechanischen Eigenschaften des neugebildeten Materials beim Zähneputzen, Kauen und dem Kontakt mit sauren Lebensmitteln untersucht haben, zeigen, dass der regenerierte Zahnschmelz sich so wie natürlicher, gesunder Zahnschmelz verhält. Die Forscher haben inzwischen das Start-up Mintech-Biov gegründet, das in den kommenden Jahren ein marktreifes Produkt entwickeln soll.
„Unsere Technologie ist äußerst vielseitig und kann in verschiedene Produkte umgesetzt werden, um Menschen aller Altersgruppen zu helfen, die unter Zahnproblemen durch verlorenen Schmelz oder freiliegendes Dentin leiden. Mit unserem Start-up Mintech-Bio haben wir bereits die Umsetzung begonnen und hoffen, im kommenden Jahr das erste marktreife Produkt präsentieren zu können. Diese Innovation könnte schon bald Patientinnen und Patienten weltweit zugutekommen.“
Quellen:
Pressemitteilung der University of Nottingham
Studie im Fachmagazin Nature Communications, doi: 10.1038/s41467-025-64982-y