Seismische Signale

Musikwissenschaft und KI helfen bei Prognose von Vulkanausbrüchen

Robert Klatt

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Vulkane verursachen vor ihren Eruptionen seismische Signaturen. Eine Methode aus der Musikwissenschaft in Kombination mit einer Künstlichen Intelligenz (KI) kann diese aus den seismischen Signalen filtern und dadurch Vulkanausbrüche vorhersagen.

Potsdam (Deutschland). Vulkanausbrüche können plötzlich auftreten und ganze Landstriche zerstören. Obwohl dies seit Langem bekannt ist, wird das finanzielle Risiko von Vulkanausbrüchen laut einer Studie der Universität Cambridge noch immer unterschätzt. Die Wissenschaft versucht deshalb neue Prognosemethoden für den Zeitpunkt, die Stärke und den Verlauf von Eruptionen zu entwickeln. Dabei können unter anderem Satellitendaten helfen.

Forscher der Universität Potsdam und des Helmholtz-Zentrums Potsdam (GFZ) um die Geophysikerin Zahra Zali haben nun eine weitere Methode entwickelt, die das spezielle Rumoren im Boden zur Prognose von Vulkanausbrüchen nutzt. Es war zuvor bereits bekannt, dass vor der eigentlichen Eruption vulkanische Erschütterungen auftreten. Dieser geophysikalische Marker kann aber nur schwer von anderen seismischen Signalen unterschieden werden.

Mustererkennung in seismischen Signalen

Um die geophysikalischen Marker erkennen zu können, haben die Forscher laut ihrer Publikation im Fachmagazin Nature Communications Earth and Environment eine Methode aus der Musikwissenschaft mit einer Künstlichen Intelligenz (KI) kombiniert. Das sogenannte Deep Embedded Clustering erlaubt eine schnelle Analyse von zuvor kaum aufbereiteten Daten. Dies ermöglicht es in seismischen Daten ähnliche Signale zusammenzufassen und somit bisher verborgene Muster zu kennen.

„Ich habe mich von der Idee der harmonisch-perkussiven Trennung in der musikalischen Signalverarbeitung inspirieren lassen. Denn die Problematik ist bei diesen akustischen Wellen ähnlich: Um in einem Musikstück verschiedene Instrumente zu identifizieren, müssen verschiedene Arten von Klängen voneinander getrennt werden, etwa die harmonischen Klänge melodiöser Violinen von den perkussiven eines Schlagwerks.“

Daten der Geldingadalir-Eruption analysiert

Um ihre Methode zu erproben, haben die Forscher seismischer Daten analysiert, die in Island vor und bei der Geldingadalir-Eruption aufgenommen wurden. Die KI konnten in den seismischen Daten Muster erkennen, die mit den unterschiedlichen Phasen des Vulkanausbruchs übereinstimmen. Überdies wurden zwei Muster erkannt, die sich für die Prognose von Vulkanausbrüchen eignen, darunter eine Sequenz, die bereits vor der Eruption begann und währenddessen bestehen blieb.

„Unsere Beobachtung des vulkanischen Tremors ab dem 16. März, also drei Tage vor dem Ausbruch, könnte darauf hindeuten, dass Magma die oberflächennahe Kruste erreicht hat. Denn solche voreruptiven Erschütterungen sind hauptsächlich auf Magmabewegungen und deren Wechselwirkungen mit Gas und angrenzendem Gestein zurückzuführen.“

Die Wissenschaftler haben außerdem eine Sequenz identifiziert, die auftrat, als der Lavaausfluss stärker wurde. Das seismische Signal könnte mit der Zunahme der Abflussrate korrelieren. Diese Ergebnisse sprechen laut den Forscher dafür, dass sich das Konzept für die Prognose von Vulkanausbrüchen eignet.

„Unsere Methode bietet einen schnellen und reproduzierbaren Ansatz, um die zeitliche Entwicklung eines vulkanischen Systems automatisch zu entschlüsseln: Auf Basis seismischer Rohsignale können wir auch ohne vorherige Datenverarbeitung einschlägige Merkmale identifizieren und möglicherweise unerwartete Erkenntnisse gewinnen.“

Nature Communications Earth and Environment, doi: 10.1038/s43247-023-01166-w

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