Robert Klatt
Ein neuer Klebstoff aus einer wasserbasierte Emulsion lässt sich einfach lösen. In Zukunft könnte dies das Recycling revolutionieren.
Newcastle (England). In den meisten Ländern, darunter auch in Deutschland, ist die Recyclingquote des Mülls sehr gering. Dies liegt unter anderem daran, dass sich die unterschiedlichen Materialien, etwa das Papieretikett einer Plastikflasche, nur schwer trennen lassen. Forscher der Newcastle University haben deshalb einen reversiblen Klebstoff entwickelt, der das Recycling revolutionieren könnte.
Laut der Publikation im Fachmagazin Angewandte Chemie International Edition besteht der Kleber aus einer wasserbasierten Emulsion, die durch saures oder alkalisches Wasser wieder getrennt werden kann. Der Klebstoff nutzt elektrisch geladene Polymere, um die Emulsion stabil zu halten und um an unterschiedlichen Oberflächen zu haften.
Wenn eine mit dem positiv geladenen Kleber behandelte Oberfläche mit einer negativ geladenen verbunden wird, haften die beiden Materialien aneinander. Saures oder alkalische Flüssigkeiten, etwa Zitronensaft, können die Verbindung wieder lösen. Dies kann das Recycling vereinfachen, weil es am Ender Lebensdauer eines Produkts die Trennung der einzelnen Komponenten ermöglicht.
Der Klebstoff wurde für Kunststoffoberflächen entwickelt, kann aber auch bei anderen Materialien verwendet werden. Er ist besonders wirksam auf Oberflächen, die in der Verpackungsindustrie verwendet werden, wie Polypropylen und Polyethylen. Es soll somit vor allem das Flaschenrecycling verbessern, könnte aber auch zum Recycling von Automobilteilen und elektrischen Bauteilen verwendet werden.
Der innovative Klebstoff kann mit aktuellen industriellen Standards in großen Mengen produziert werden. Die Prozesse sind vergleichbar mit denen der Farbproduktion. Weil die benötigten Rohstoffe günstig ist, ist laut den Forscher eine industrielle Massenproduktion denkbar.
wesentlicher Vorteil des wasserbasierten Klebstoffs ist das Fehlen flüchtiger organischer Lösungsmittel, die in vielen handelsüblichen Klebstoffen enthalten sind. Im Gegensatz zu anderen wasserbasierten Klebstoffen behält der Klebstoff seine Haftwirkungen auch in feuchten Umgebungen. Bei Raumtemperatur hat er eine Haltbarkeit von mindestens einem Jahr.
Die Forscher haben in Zusammenarbeit mit dem Abfallwirtschaftsunternehmen Biffa den neuen Klebstoff erprobt. Dabei konnte eine gewöhnliche Recyclinganlage Propylenetiketten von PET-Flaschen problemlos entfernen. Diese Entdeckung ist besonders bedeutend, da solche Etiketten üblicherweise nicht recycelt, sondern auf Deponien entsorgt werden.
Angewandte Chemie International Edition, doi: 10.1002/anie.202310750