Robert Klatt
Neben Hart- und Weichholz gibt es noch eine dritte Holzart, die strukturell genau dazwischen liegt. Die bisher nur bei Tulpenbäumen entdeckte Holzart hat besonders Eigenschaften, die gegen den Klimawandel helfen können.
Cambridge (England). Holz wurde bisher in zwei Arten unterteilt, nämlich Hart- und Weichholz. Hartholz stammt von Laubbäumen wie Eichen und ist besonders langlebig und robust. Es wird deshalb oft im Außenbereich und Gebäudebau verwendet, etwa bei einem neuen 350 Meter hohen Wolkenkratzer aus Holz. Weichholz stammt hingegen von Nadelbäumen wie Kiefern und kann leichter verarbeitet werden und wird oft im Möbelbau verwendet.
Die unterschiedlichen Eigenschaften von Hart- und Weichholz entstehen durch die kleinsten Bestandteile des Holzes, die etwa vier Nanometer großen Mikrofibrillen. Mehrere Mikrofibrillen bilden die etwa 40 Nanometer dicken Makrofibrillen, die unter dem Mikroskop als lange Fasern erkennbar sind.
Forscher der University of Cambridge um Raymond Wightman haben kürzlich erstmals analysiert, wie sich die Ultrastrukturen von Hart- und Weichholz unterscheiden. Dazu haben sie Holz von 33 Bäumen aus dem Botanischen Garten in Cambridge verwendet und dessen Makrofibrillen erfasst.
Laut der Publikation im Fachmagazin New Phytologist zeigt die Analyse, dass Makrofibrillen von Weichhölzern im Mittel einen Durchmesser von 27,9 Nanometern haben, während die Makrofibrillen von Harthölzern im Mittel einen Durchmesser von 16,6 Nanometern besitzen. Die unterschiedlich aufgebauten Makrofibrillen sind der Grund für die deutlichen Unterschiede in der Dichte und Stabilität der Holztypen.
Einzig die Makrofibrillen des Tulpenbaum (Liriodendron tulipifera) und des Chinesischen Tulpenbaum (Liriodendron chinense) passen mit einem Durchmesser von 22,4 beziehungsweise 20,7 Nanometern nicht in die Kategorie der Hart- und Weichhölzer. Die Forscher kamen deshalb zu dem Schluss, dass Tulpenbäume eine dritte Holzart bilden, die bislang unbekannt war. Untersuchungen bei Magnoliengewächsen, die eng mit den Tulpenbäumen verwandt sind, zeigen, dass diese nicht zur dritten Holzart, dem sogenannten Mittelholz, gehören.
Laut den Studienautoren ist es wahrscheinlich, dass Tulpenbäume aufgrund ihrer außergewöhnlichen Makrofibrillen besonders Eigenschaften besitzen, die sie stark von anderen Bäumen unterscheiden.
„Beide Tulpenbaumarten sind dafür bekannt, dass sie Kohlenstoff außerordentlich effizient einlagern, und ihre vergrößerte Makrofibrillenstruktur könnte eine Anpassung sein, die es ihnen ermöglicht, größere Mengen an Kohlenstoff aufzunehmen und zu speichern, wenn die Verfügbarkeit von atmosphärischem Kohlenstoff reduziert wird.“
Die Makrofibrillen könnten demnach eine evolutionäre Anpassung aus der Entstehung der Tulpenbäume sein, die bereits vor 30 bis 50 Millionen Jahren, als der CO₂-Gehalt in der Erdatmosphäre noch deutlich höher war, lebten. Heute könnten Tulpenbäume aufgrund ihrer speziellen Eigenschaften gegen den Klimawandel helfen. Die Bäume wachsen sehr schnell und werden bis zu 30 Meter hoch. Sie binden somit entsprechend viel CO₂ und konnten in größeren Mengen dabei helfen, die CO₂-Konzentration in der Atmosphäre zu senken.
New Phytologist, doi: 10.1111/nph.19983