Danionella dracula

Gläsernem Fisch fehlen Schädelknochen

Robert Klatt

Danionella dracula )ed.grebnekcnesgrebnekcneS /ztirB flaR(Foto: © 

Der winzige Fisch Danionella dracula hat eine besondere Heterochronie und eine ungewöhnliche Anatomie, die das Tier interessant für die neurophysiologische Forschung und die Entwicklungsbiologie machen.

Dresden (Deutschland). Die Entwicklung vieler Fische, aber auch andere Tiere, durchläuft erst in Larvenstadium, bevor die adulte Form erreicht wird. Das Axolotl, der Grottenolm und einige andere Ausnahmen bilden hiervon Ausnahmen, die schon als Larve geschlechtsreif sind und ihre Larvalmerkmale während des gesamten Lebens beibehalten. Dies bringt vor allem in Höhlen und anderen Umgebungen mit wenig Ressourcen Vorteile.

Wissenschaftler des Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen haben nun beim erstmals 2009 in Ostasien entdeckten Fisch Danionella dracula eine besonders Form dieser zeitlich verschobenen Entwicklung (Heterochronie) festgestellt. Für ihre Studie züchteten die Forscher den nur elf bis 17 Millimeter Fisch, der zu den kleinsten Vertretern der Wirbeltiere gehört, im Labor auf. Es war so möglich die Entwicklung der Larven, ihr Wachstum und ihre Reifung im Details zu beobachten.

Knochen des Minifischs fehlen

Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Developmental Dynamics konnte das Team dabei beobachten, dass Danionella dracula im Erwachsenenalter nicht nur viele Larvalmerkmale behält, sondern auch, dass dem Fisch einige Bestandteile seines Körpers fehlen. „Die Progenese hat das gesamte Skelett von Danionella beeinflusst, sodass 60 Skelettelemente fehlen, darunter auch einige Knochen des Schädeldachs“, erklärt Kevin Conway von der Texas A&M University.

Gut entwickelter Hörapparat

Obwohl vom Schädel des Fisches ganze Teile fehlen, sind andere Körperteile überdurchschnittlich stark ausgeprägt. „Besonders hervorzuheben ist hier der ‚Webersche Apparat’, der für die innerartliche Kommunikation der Tiere verantwortlich“, sagt Ralf Britz von den Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen in Dresden. Es handelt sich dabei um einen Hörapparat aus drei winzigen Knochen, die Ähnlichkeit mit dem Mittelohrknöchelchen des Menschen haben und Schallwellen der Schwimmblase zum Innenohr weiterleiten.

„Gerade dieser Teil des Skelettes von Danionella, hat sich in der Entwicklung nicht nur normal, sondern sogar beschleunigt ausgebildet. Dieser enorme Unterschied in der Entwicklungsgeschwindigkeit verschiedener Organsysteme innerhalb ein und desselben Organismus ist sehr ungewöhnlich für Wirbeltiere“, erklärt Britz. Danionella dracula besitzt demnach einen voll ausgebildeten Hörapparat, obwohl das Skelett und viele Organe im larvalen Zustand bleiben und sich nicht voll entwickeln.

Modellorganismus für die neurophysiologische Forschung

Die besonders Eigenschaften machen Danionella dracula geradezu prädestiniert für die Nutzung als Modellorganismus in der neurophysiologischen Forschung, weil im lebenden Zustand ein Blick auf das Gehirn möglich ist. Parallel dazu ist der winzige Fisch aufgrund seiner besonderen Heterochronie auch für die Entwicklungsbiologie von hohem Interesse.

Developmental Dynamics, doi: 10.1002/dvdy.280

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