Kosmische Nachbarschaft

Die Milchstraße ist eine anomale Galaxie

Robert Klatt

Die Milchstraße ist zu groß für ihre kosmische Nachbarschaft )tcejorp GNT sirtsullI /ovlaC-nogarA .A leugiM(Foto: © 
Auf den Punkt gebracht
  • Unsere Heimatgalaxie, die Milchstraße, ist für ihre kosmische Umgebung eigentlich zu groß und zu schwer
  • Wieso die Milchstraße ein solcher kosmischer Exot wurde, ist noch unklar
  • Astronomen gehen davon aus, dass die vielen Kollisionen in ihrer Entwicklungsgeschichte dafür verantwortlich sein könnten

Die Milchstraße ist zu massereich und groß für ihre kosmische Nachbarschaft. Noch ist unklar, wieso unsere Heimatgalaxie ein solcher Sonderfall ist.

Mexiko-Stadt (Mexiko). Die Milchstraße ist eine Spiralgalaxie mit durchschnittlicher Größe und Masse. Im Universum gibt es eine Vielzahl weiterer Sternenansammlungen, die unserer Heimatgalaxie stark ähneln. 2014 entdeckten Astronomen, dass die Milchstraße ein Bestandteil größerer Strukturen ist. Die Galaxie gehört demnach zur Lokalen Gruppen und wird von einem Ring von zwölf großen Galaxien, dem sogenannten Rat der Riesen, umgeben.

Außerdem weiß die Astronomie, dass alle Galaxien und Supercluster in unserer kosmischen Nachbarschaft gemeinsam die Lokale Ebene bilden. Wie Miguel Aragón von der Nationalen Autonomen Universität Mexikos (UNAM) erklärt, durchzieht dieses Filament als eine Art kosmologischer Wall bestehend aus Dunkler Materie und Galaxien die kosmischen Leerzonen (Voids) in seiner Umgebung.

„Die Milchstraße liegt direkt am Rand einer solchen kosmischen Klippe.“

Entwicklung der Milchstraße simuliert

Die Wissenschaft untersucht deshalb, ob die Zugehörigkeit der Galaxie zu einem solchen Wall deren Entwicklung beeinflusst. Studie kamen dabei bisher zu dem Resultat, dass die Gravitation der anderen Objekte einer solchen Struktur sich auf das Wachstum und die Bewegung auswirken. Wie die Royal Astronomical Society (RAS) berichtet, hat nun das Team um Aragón mit der IllustrisTNG-Simulation, der derzeit hochauflösendsten und umfassendsten Simulation der Galaxienentwicklung, analysiert, ob dies auch auf die Milchstraße zutrifft.

Laut ihrer Publikation in den Monthly Notices of the Royal Astronomical Society rekonstruierten die Astronomen für ihre Studie die Galaxienbildung in einem nahezu eine Milliarde Lichtjahren großen Bereich des Universums. Der gewählte Ausschnitt enthält Millionen von Galaxien.

„Damit hat die Simulation die nötige Größe, um auch Entwicklungen in kosmologischen Wällen abzubilden.“

Die Milchstraße ist für ihre kosmische Umgebung deutlich zu groß
Die Milchstraße ist für ihre kosmische Umgebung deutlich zu groß )tcejorp GNT sirtsullI /ovlaC-nogarA .A leugiM(Foto: ©

Die Milchstraße ist ein extrem seltener Exot

Laut der Simulation ist die Milchstraße ein kosmischer Sonderfall. Nur ein kleiner Teil der Millionen von Galaxien war so groß wie die Milchstraße und trotzdem ein Bestandteil eines lokalen Galaxienwalls. Lediglich eine weitere Galaxie hatte die Größe und der Masse der Milchstraße und war in einen solchen Strang eingebettet.

„Die Wahrscheinlichkeit für ein Milchstraßenanalog in einer solchen Umgebung liegt zwischen 0,001 und 0,2 Prozent. Man müsste fast eine halbe Milliarde Lichtjahre weit reisen, bevor man einen anderen kosmologischen Wall mit einer Galaxie wie der unsrigen finden würde.“

Bezieht man neben der Milchstraße auch die fast gleichgroße, benachbarte Andromedagalaxie mit ein, reduziert sich die Wahrscheinlichkeit nochmals stark.

„Man bräuchte dann einen noch weit größeren Ausschnitt des Universums, um auch nur ein Beispiel dafür zu finden.“

Die Milchstraße ist zu groß und schwer

Die Studie zeigt somit, dass unsere Heimatgalaxie für ihre kosmische Umgebung eigentlich zu schwer und groß ist.

„Dieses Merkmal – zu groß für ihren kosmologischen Wall – ist physikalisch bedeutsam und relevant genug, um die Milchstraße als etwas wirklich Besonderes zu bezeichnen.“

Wieso die Galaxie diese ungewöhnliche Größe erreicht hat, ist noch unklar. Die Autoren halten es aber für möglich, dass die vielen Kollisionen in ihrer Entwicklungsgeschichte dafür verantwortlich sein könnten.

Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, doi: 10.1093/mnrasl/slac161

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