Ökologische Anpassung

Wieso hat nur eine frühe Menschengruppe aus Afrika Eurasien erreicht?

 Robert Klatt

Migration von afrikanischen Frühmenschen )kcotS ebodA777sslk(Foto: © 

Alle nichtafrikanischen Menschen stammen von einer einzelnen Gruppe ab, die vor etwa 50.000 Jahren von Afrika nach Eurasien migriert ist. Nun wurde eine Erklärung dafür gefunden, wieso nur eine Gruppe die Migration überstanden hat, obwohl laut Fossilienfunden viele Versuche erfolgt sind.

Jena (Deutschland). Die Wissenschaft hat seit Langem belegt, dass alle nichtafrikanischen Menschen von einer kleinen Gruppe abstammen, die vor etwa 50.000 Jahren von Afrika nach Europa und Asien ausgewandert ist. Zahlreiche Fossilienfunde zeigen jedoch, dass es noch weitere Migrationsversuche gab. Diese haben aber keine genetischen Spuren in der heute lebenden Bevölkerung hinterlassen und waren somit nicht erfolgreich.

Forscher des Max-Planck-Instituts für Geoanthropologie (MPI-SHH) und der Universität Cambridge haben nun eine Studie publiziert, die erstmals erklären kann, warum von den zahlreichen Migrationsversuchen nur eine einzige Gruppe Eurasien erreicht hat. Demnach haben Menschen, noch bevor sie erstmals Eurasien erreicht haben, neue Lebensräume in Afrika erschlossen.

„Wir stellten einen Datensatz aus archäologischen Stätten und Umweltdaten in Afrika zusammen, der die letzten 120.000 Jahre abdeckt. Mithilfe von Methoden aus der Ökologie, versuchten wir die Veränderungen in den ökologischen Nischen des Menschen, also die ihm nutzbaren und förderlichen Lebensräume, nachzuvollziehen.“

Anpassung an größere Lebensräume

Laut der Veröffentlichung im Fachmagazin Nature zeigen die Ergebnisse, dass Menschen in Afrika vor rund 70.000 Jahren damit begonnen haben, ihren Lebensraum zu erweitern und eine größere Bandbreite an Lebensräumen zu nutzen, darunter dichte Wälder und trockene Wüstengebiete. Diese Anpassungen hat es ihnen ermöglicht, vor rund 50.000 Jahren, in einem klimatisch problematischen Zeitabschnitt, die Migration von Afrika nach Eurasien zu überstehen.

„Frühere Auswanderungen scheinen während günstiger Klimaperioden stattgefunden zu haben, in denen es im Saharo-Arabischen Wüstengebiet mehr Regen gab. So entstanden ‚grüne Korridore‘, die den Weg nach Eurasien erleichterten. Zwischen 70.000 und 50.000 Jahren war der Austritt aus Afrika jedoch klimatisch schwieriger – und trotzdem gelang eine erfolgreiche, groß angelegte Migration.“

Die Studie kommt somit zu einem anderen Ergebnis als frühere Theorien, laut denen die Migration vor 50.000 Jahren erfolgreich war, weil die afrikanischen Menschen durch eine Vermischung mit eurasischen Frühmenschen genetische Vorteile und neue Technologien erlangt haben sollen. Entsprechende Nachweise für technologische Durchbrüche in diesem Zeitraum wurden jedoch niemals gefunden.

Laut der neuen Studie war die Migration einzig deshalb erfolgreich, weil die Menschen sich innerhalb von Afrika an die unterschiedlichen Umweltbedingungen angepasst haben und erst danach den Kontinent verlassen haben. Die Anpassung an die breitere ökologische Nische ist sehr wahrscheinlich durch den Kontakt mit anderen Gruppen erfolgt, der auch dazu geführt hat, dass geografische Grenzen überwunden wurden. Menschen haben also durch den kulturellen Austausch erlernt, in unterschiedlichen Landschafen überleben zu können.

„Anders als bei früheren Migrationswellen verfügten jene Gruppen, die nach etwa 60.000 bis 50.000 Jahren Afrika verließen, über eine ausgeprägte ökologische Flexibilität, weil sie sich an schwierige klimatische Bedingungen angepasst hatten. Diese Anpassungsfähigkeit war wahrscheinlich ein entscheidender Faktor für den Erfolg unserer Spezies außerhalb Afrikas.“

Nature, doi: 10.1038/s41586-025-09154-0

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