Purer Zufall:

Mysterium um Kohle auf Blackbeards Schiff gelöst

Robert Klatt

Modell der Queen Anne's Revenge )0.4 AS-YB CC - gro.aidepikiw.neniseilauQ(Foto: © 
Auf den Punkt gebracht
  • Im Wrack der Queen Anne’s Revenge, dem Flaggschiff des berühmten Piraten Blackbeard wurden für ein Segelschiff ungewöhnlich viele Kohlestücke entdeckt
  • Forscher haben nun entdeckt, dass die Kohle gar nicht vom Schiff stammt, sondern durch die Meeresströmung zum Wrack geschwemmt wurde

Das Wrack des Flaggschiffs des berühmten Piraten Blackbeard enthält für ein Segelschiff ungewöhnlich viel Kohlestücke. Archäologen haben nun das Rätsel um deren Herkunft gelöst.

Lexington (U.S.A.). Im Jahre 1718 strandete das Flaggschiff des berüchtigten Piraten Edward Teach, besser bekannt als Blackbeard, vor der Küste North Carolinas und versank schließlich im Meer. Fast drei Jahrhunderte später, 1996, stießen Forscher in der Nähe der Küstenstadt Beaufort auf das versunkene Wrack. Bei Untersuchungen des Schiffes fanden Taucher neben Kanonen und diverser Ausrüstung auch Goldpartikel, Glasperlen und überraschenderweise mehrere Hundert Kohlestücke.

Doch welche Bedeutung kam dieser Kohle an Bord zu? Da die Queen Anne's Revenge ein Segelschiff war, diente sie nicht als Antrieb. James Hower von der University of Kentucky (UK) erklärt jedoch, dass es Gründe gab, warum Segelschiffe damals Kohle an Bord führten. So wurde sie beispielsweise zum Zubereiten von Speisen oder Heizen verwendet. Dennoch war die im Wrack gefundene Kohlemenge für ein Segelschiff dieser Art ungewöhnlich.

Chemische Analyse der Kohlestücke

„Wir wollten daher wissen, woher diese Kohle im Wrack gekommen sein könnte, denn in dieser Ära gab es in Amerika noch kaum Kohleabbau in größerem Stil. Wir mussten daher auch herausfinden, ob die Kohlen überhaupt aus dem Schiff stammen.“

Laut ihrer Publikation im International Journal of Nautical Archaeology haben die Forscher die Kohlestücke aus dem Wrack deshalb chemisch analysiert. Die Analysen zeigen deutliche Unterschiede zwischen den Kohlestücken. Einige Proben bestanden aus Steinkohle mit einem Kohlenstoffgehalt von 87 bis 90 Prozent und geringen Anteilen flüchtiger Substanzen. Andere Proben hingegen waren die härtere, kompaktere Anthrazitkohle, die mehr als 90 Prozent Kohlenstoff enthält, wie die Wissenschaftler berichten. Dies deutet darauf hin, dass die Kohlepartikel im Schiffswrack aus verschiedenen Quellen stammten.

Quelle der Kohle von Blackbeards Schiff

Die Wissenschaftler untersuchten deshalb detailliert die Quellen der unterschiedlichen Kohlenstück.

„Steinkohle mit wenig flüchtigen Anteilen findet sich unter anderem in Virginia. Diese Kohle war gut zum Kochen geeignet und wurde später auf Dampfschiffen genutzt, weil sie beim Verbrennen nur wenig Rauch abgibt.“

Anthrazitkohle war hingegen seltener. In den U.S.A. kommt sie ausschließlich in der Appalachen-Region (Pennsylvania) vor.

„Im 19. und 20. Jahrhundert wäre die einfachste Erklärung für beide Arten von Kohlestücken der Kohleabbau in den Appalachen. Aber in der Zeit von Blackbeard gab es diese Abbaugebiete noch nicht.“

Die europäischen Siedler stießen erst in den späten 1760er-Jahren auf Vorkommen von Anthrazitkohle, also weit nach dem Untergang von Blackbeards Schiff. Während der Zeit des berühmten Piraten wurde Anthrazitkohle vorrangig in Europa gewonnen.

Kohle war nie auf der Queen Anne’s Revenge

Laut Hower ist die Lösung für die Fragen nach dem Ursprung der Kohle und deren uneinheitlicher chemischer Zusammensetzung überraschend einfach. Die Kohle war tatsächlich nie auf dem Schiff des Piraten, sondern es handelt sich bei dem Fund lediglich um einen Zufall, der durch den Fundort in der Nähe des Hafens Beaufort zustande kam. Während des amerikanischen Bürgerkriegs wurden an diesem Hafen kohlebetriebene Dampfschiffe versorgt.

„Die Kohle auf dem Wrack stammt daher wahrscheinlich von Schiffen aus der Bürgerkriegszeit.“

Im Zeitraum von 1862 bis 1864 wurden im Hafen von Beaufort über 450 kohlebetriebene Dampfschiffe beladen. Dabei fielen immer wieder Kohlestücke in das strömungsreiche Meeresgebiete. Diese sammelten sich anschließend bei Hindernissen am Meeresgrund, also auch am Wrack der Queen Anne’s Revenge.

International Journal of Nautical Archaeology, doi: 10.1080/10572414.2022.2101775

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